The Mokkers und Beat ’n Blow gehen in Parallelwelten auf Zeitreise durch die Sechziger und Siebziger

Berühmte Szene aus „A Hard Day’s Night“: Bei einer seltsamen Autogrammstunde werden die Beatles gefragt, was ihre Hobbys sind. John Lennon kritzelt nur etwas auf ein Blatt, woraufhin die Fragestellerin große Augen macht. Von Ringo Starr will jemand wissen, ob die Beatles sich als Mods oder als Rocker sehen. Die Antwort des Schlagzeugers: „We are Mockers“. Kein Wunder, dass sich daraufhin ein paar Bands fanden, die The Mockers heißen wollten, nämlich mindestens eine neuseeländische Popformation und eine US-amerikanische Rockkapelle, die Ende der Siebziger Jahre entstand, immer noch existiert und in Spanien einen gewissen Kultstatus erlangte. Und schon 1963 gründete sich in Uruguay eine Band namens Los Mockers. Der Film kam aber erst 1964 ins Kino. Was bedeutet das für die Popgeschichte?

Zurück in die Gegenwart: In der haben vier Berliner Frauen eine Band gegründet und The Mokkers getauft. Es geht also gleich wieder zurück in die Vergangenheit: Denn auf ihrer ersten EP spielt das Quartett einen herzhaft ruppigen, bedingungslos altmodischen und gnadenlos melodiösen Gitarrenrock, der sich hemmungslos auf den Garagenpunk der Sechziger bezieht. So versiert und historisch korrekt stellen die noch nicht so lange der Pubertät entwachsenen Mokkers in leider nur fünf allzu kurzen Songs ihre Rückwärtsgewandtheit aus, als wären sie einem feuchten Traum von Fuzztones-Mastermind Rudi Protrudi entsprungen, der ja seit ein paar Jahren auch in Berlin lebt. Das Wah-Wah-Pedal ist im Dauereinsatz, die Vox-Verstärker glühen, und die Sixties-Harmoniegesänge kontrastieren hübsch mit dem schlampigen LowFi-Sound. Älteren Zeitgenosse werden sich melancholisch an Namen wie The Cramps oder Dead Moon, Sonics oder Seeds erinnert fühlen, jüngeren steht einfach eine unterhaltsame Zeitreise bevor.

Solch einen Trip treten auch Beat ’n Blow an, allerdings schon entschieden länger: Die Band um die gewiss auch im wirklichen Leben so heißende Sängerin Katie La Voix existiert seit 1994, „Nackt und roh“ ist ihr fünftes Album. Auch sie erforschen die Hinterlassenschaften der Sechziger und Siebziger, jedoch die aus einer Parallelwelt. Hier steht der Soul jener Tage im Mittelpunkt, bloß weder die Detroiter Motown-Schule noch der streicherlastige Phillysound.

Stattdessen adaptieren Beat ’n Blow den Memphissoul, der auf satte Bläsersätze baut, und seinen nordenglischen Abkömmlung, den Northern Soul. Das Blech fährt immer wieder schneidend der Frau Voix über den Mund, deren Texte bisweilen tatsächlich gewöhnungsbedürftig sind. „Komma ma’ rum und wir retten den Tag/Danach gibt es Liebe im Park“, röhrt sie, beweist aber später in der Ballade „Simpler Schmerz“, dass das durchaus funktionieren kann mit dem Bläsersoul und den deutschen Texten. Man darf nicht eben erwarten, dass einem Hamburger Diskurs-Popweisheiten vermittelt werden, dafür harmonieren das deutsche Wort und das Blech aus der Vergangenheit so gut, dass die englischen Stücke gar nicht nötig gewesen wären. THOMAS WINKLER

■ The Mokkers: „The Mokkers“ (Selbstverlag: themokkers@ gmx.de), live: 16. 12., Antje Öklesund, 17. 12., HBC; Beat ’n Blow: „Nackt und roh“ (Herzog/Edel), live: 16. 12., Kesselhaus