Upstall Kreuzberg

Ein kleines denkmalgeschütztes Dorf mitten in Kreuzberg soll vor den Investoren gerettet werden

■ Der Verein für soziale und nachhaltige Stadtentwicklung sucht dringend Unterstützung, um den für den 9. März geplanten Verkauf des Upstall-Geländes abzuwenden.

■ Im Netz

www.upstall.de

■ Initiative Stadt Neudenken

Das 4. Vernetzungstreffen zur Liegenschaftspolitik findet am 7. Februar 2012 um 17.30 Uhr statt, Forum Factory, Besselstraße 13.

Der Ruf nach einer alternativen Stadtpolitik wird in Berlin immer lauter. Seit Sommer 2011 hat die Stadt mit der Initiative „Stadt Neudenken“ ein Bündnis, das einen Paradigmenwechsel in der Stadtplanung erwirken will. Aber auch in den Bezirken regt sich der Widerstand gegen den Ausverkauf der Stadt, wo sich einzelne Initiativen und Vereine für niedrige Mieten und die nachhaltige Entwicklung brachliegender Grundstücke engagieren.

In Kreuzberg versucht der Verein „Upstall Kreuzberg“ das Gelände der ehemaligen Dragonerkaserne am Mehringdamm Ecke Obentrautstraße vor dem Verkauf an privaten Investoren zu retten. „Die öffentliche Hand muss davon abrücken, Grundstücke an den meistbietenden zu verkaufen. Es ist Zeit für eine andere Stadtpolitik“, sagt Monique van Miert, Vorsitzende des Vereins.

Wie diese andere Stadtpolitik auszusehen hat, darüber ist man sich bei Upstall einig. Der Verein will erreichen, dass die BewohnerInnen der Stadt bei der Planung und Gestaltung ihrer Nachbarschaft miteinbezogen werden, dass mehr Transparenz bei der Vergabe von Grundstücken hergestellt wird und dass Bund und Land verpachten, anstatt zu verkaufen. Kurzum, es geht dem Verein um eine soziale und nachhaltige Stadtentwicklung.

Die Geschichte von Upstall Kreuzberg beginnt 2010, als Monique van Miert erfährt, dass die Eigentümerin, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), das Kasernengrundstück veräußern will. Gemeinsam mit ein paar FreundInnen besuchte die Architektin das 47.000 Quadratmeter große Grundstück, auf dem sich kleinere Nischenunternehmen wie eine Tischlerei, Steinmetz- und Autowerkstätten und ein LPG-Supermarkt befinden. Van Miert war sofort begeistert: „Das Gelände wirkt wie ein kleines Dorf in der Stadt“, berichtet sie.

Der Verein befürchtet, dass ein Verkauf an einen privaten Investor das Grundstück und die Umgebung vollkommen verändern könnte. Nicht nur, dass die denkmalgeschützten Stallungen und Reithallen abgerissen werden könnten, auch die Zwischennutzungen könnten verdrängt werden und Luxuswohnungen entstehen. Die Struktur des angrenzenden Kiezes würde verändert, ärmere Bevölkerungsschichten müssten wegziehen, da diese sich das Leben in dem Kiez nicht mehr leisten könnten. „Aus diesen Gründen wollen wir den Verkauf verhindern und eine behutsame Entwicklung des Geländes erreichen“, sagt Bertram Dudschus, Designer und stellvertretender Vorsitzender des Vereins.

Diese behutsame Entwicklung könnte durch die Erweiterung des benachbarten Sanierungsgebiets am Halleschen Tor erreicht werden, da alle baulichen Maßnahmen den Sanierungszielen entsprechen müssen. In Fall des Gebiets am Halleschen Tor wäre das unter anderem die Verbesserung von Schulen, Kitas, Straßen und Grünflächen. Auch durch eine Durchführung eines Planungswettbewerbs oder eine öffentliche Diskussion in der soziale Ziele festgelegt werden, kann eine Bebauung, die nur auf Gewinnmaximierung aus ist, abgewendet werden. Genau dafür kämpft Upstall Kreuzberg.

Der Verein macht sich aber nicht nur Gedanken, wie eine alternative Entwicklung des Geländes erreicht werden kann, sondern auch, wie das Gelände konkret gestaltet werden kann. Seit Sommer 2010 arbeiten van Miert, Dudschus und ihre fünf MitstreiterInnen an einem eigenen Konzept. Der Verein plant, aus dem Gelände einen sozial durchmischten Wohn-, Kleingewerbe- und Kulturstandort zu machen, wobei die aktuelle Bausubstanz erhalten bleiben soll. Da der Verein viel Wert darauf legt, dass das Konzept den Anforderungen des Kiezes gerecht wird, informierten sich im Quartiersmanagement über die derzeitige Kiezstruktur und luden AnwohnerInnen und BezirkspolitikerInnen zu Expertenrunden ein.

Das fertige Konzept wollen sie am 9. März im Rathaus einreichen, wenn die Frist des offenen Bieterverfahrens endet. Sollte ihr Konzept abgelehnt werden, will der Verein trotzdem am Ball bleiben.

Wer Upstall Kreuzberg bei seinem Vorhaben unterstützen will, kann den Verein finanziell unterstützen oder dabei helfen, Makler zu finden, die bereit sind in soziale Projekte zu investieren. Auch besteht die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen. Auf der Seite des Vereins kann zudem ein Aufruf unterzeichnet werden, in dem der Verein die Bima auffordert, den Verkauf des Geländes so lange zurückzustellen, bis ein „geeignetes städtebauliches Entwicklungsmodell erarbeitet wurde“. „Es ist an der Zeit, dass die Bewohnerinnen und Bewohner Berlins sich ihre Stadt selbst gestalten“, appelliert van Miert. Lukas Dubro