Katrin Bettina Müller schaut sich in den Galerien von Berlin um

Das ist beängstigend. Als wäre es ein Halm, den man einfach rausrupfen kann, zupft die Sägemaschine einen senkrechten Stamm nach dem anderen aus dem Wald, legt ihn horizontal, rasiert Äste und Rinde ab, schneidet das Holz in Stücke. Die Kamera zeigt nur den Schwenkarm, nicht den Menschen, der ihn bedient, noch die so effizient arbeitetenden Sägeblätter. Diese geschwinde Nutzholzernte ist auf zwei Videoleinwänden zu sehen, die im Künstlerhaus Bethanien Teil der Installation „The Dawn“ von François Martig sind. Die Beamer sind in einem Hochsitz installiert, gebaut aus frisch geschlagenem Holz. Auch in seinen übrigen Installationen beschäftigt sich der französische Künstler mit der Geschichte der Holzindustrie und besonderer Wälder – interessant und nachzulesen im informativen Text zur Ausstellung. Doch so visuell unheimlich wie das Video von der realen Abholzung sind Martigs übrige Kunstgriffe nicht, eher bloß Material gewordenen Verweise auf sein Thema.

Eine zweite Ausstellung im Künstlerhaus stammt von der Schwedin Ylva Westerlund. Ihr Ansatz weckt Neugierde: die visuellen Repräsentationsformen von naturkundlichen Museen und besonders ihre Darstellung der Evolution gegenzulesen mit einem feministisch geschulten kritischen Blick. Westerlunds Mittel sind witzig und poetisch. Es gibt zum Beispiel einen Film, für den sie selbst in die Maske eines australischen Urmenschen schlüpft und als Urfrau ihren Alltag als Künstlerin bewältigt. Je länger man sich aber mit dem hinter Glas ausgebreiteten Material beschäftigt, mit Bildern von Affen und menschlichen Versammlungen, von anatomischen Tafeln und Monstern aus dem Comic, desto mehr verliert sich die Spur einer inhaltlichen Auseinandersetzung. Übrig bleibt ein Staunen über die visuellen Verknüpfungen des Materials.

■ François Martig „The Dawn“ im Künstlerhaus Bethanien, Kottbusser Str. 10, Di.–So. 14–19 Uhr, bis 16. September

■ Ylva Westerlund „Evolutionary throwback“ im Künstlerhaus Bethanien, Kottbusser Str. 10, Di.–So. 14–19 Uhr, bis 16. September