KUNST

schaut sich in den Galerien von Berlin um

MARCUS WOELLER

Manche Kunst erklärt sich sofort. Andere will lange angeschaut, untersucht und ergründet werden. Die Galerie Micky Schubert setzt auf die zweite Kategorie. In der sehenswerten Ausstellung „Words of Love and Life“ vereint sie aktuelle Positionen von Thea Djordjadze, Scott Olson und Judith Hopf. Djordjadzes Installationen reizen auf der Materialebene. Wie sie da Textilien und Möbelrudimente mit Gips verschmiert oder Holzteile zusammenzimmert, ist nur auf den ersten Blick lapidar. Denn man kann sich kaum abwenden. Nicht nur, weil sich auf einer steil aufragenden Holzplatte ein hingekritzeltes Grinsegesicht in eine Ecke drückt. Je länger man solche Skulpturen betrachtet, desto mehr Details kommen aus der Deckung. Manches, was gerade wirkt, steht schief. Anderes, was plan erscheint, ist gewölbt. Olson arbeitet in der Fläche, doch seine an Paul Klee erinnernden Gemälde sind so vielschichtig aufgebaut, dass man sich ein Vergrößerungsglas wünscht, um sie zu erforschen. Er zelebriert die Malerei von Mustern, Spiralen, Farbfeldern als mystisches Handwerk. Judith Hopf geht einen direkteren Weg. Ihre Fliesenfratzen sehen lustig aus oder gefährlich, sind dabei geheimnisvoll wie Masken. Die aus Kacheln zusammengesetzten Objekte mixen Tafelbild und Skulptur, Kunstgewerbe und Conceptual Art zu einer zähnefletschenden Grimasse der Andersartigkeit (bis 20.4., Di.–Sa., 12–18 Uhr, Bartningallee 2–4).

In seiner Ausstellung „Cloud Cities“ bespielte Tomás Saraceno 2011 die monumentale Halle des Hamburger Bahnhofs noch mit großer Geste. Kleiner als gigantisch ging es damals nicht. Netze, Blasen, sloterdijksche Sphären allerorten. Spektakelkunst zum Mitmachen. Immer auf der Grenze zwischen Traum, Größenwahn und Hokuspokus. Nun hat er sich mit „Social .. Quasi Social … Solitary … Spiders … on Hybrid Cosmic Webs“ ins Kleinformat versponnen, weniger megaloman ist sein Anspruch dennoch nicht. In der Galerie Esther Schipper stellt Saraceno echte Spinnennetze aus, angefertigt von exotischem Getier, unter Anleitung des Meisters selbst, seinen Arachnologen im Studio – und natürlich dem animalischen Drang der Spinnen selbst zu spinnen, was das Zeug hält. Leider hält es nicht immer, manche Netze sahen schon am Eröffnungstag eher ramponiert aus. Die Galerie ist verdunkelt. Die Netze sind in Schneewittchensärgen aufgebahrt, dramatisch ausgeleuchtet. So gerät das Wunder der Natur im schwarzen Theater zum Wissenschaftskitsch. Sonst traumwandlerisch unterwegs auf dem Grat zwischen Kunst und Utopie, ist sich Saraceno nun selbst in die Fänge gegangen (bis 13. 4., Di.–Sa., 11–18 Uhr, Schöneberger Ufer 65).