Auf der Flucht vor der schwedischen Justiz

HAFTBEFEHL Nach dem Wikileaks-Gründer Julian Assange wird jetzt auch international gefahndet

Sie verhalte sich „wie eine ungesicherte Kanone, die übers Deck rollt“, wirft Mark Stephens, der britische Rechtsanwalt des Wikileaks-Gründers Julian Assange, der schwedischen Staatsanwältin Marianne Ny vor. Die hatte in der vergangenen Woche einen Haftbefehl gegen seinen Mandanten erwirkt, und aus dem ist mittlerweile ein internationaler Haftbefehl geworden.

Wo ist Assange?

Assange ist wegen des Vergewaltigungsvorwurfs gegen ihn nun über Interpol und über das Schengener Informationssystem SIS zur Fahndung ausgeschrieben. Und Scotland-Yard-Sprecher Eddie Townsend erklärte schwedischen Medien, dass man nach ihm suche, aber noch keine Spur habe. Assange hatte sich in der vergangenen Woche in London aufgehalten.

Gegen den Erlass des Haftbefehls seien mittlerweile Rechtsmittel eingelegt worden, teilt Anwalt Stephens mit. „Exotisch“, „juristisch irrational“ und wie „in einem totalitären Staat“, kritisiert er die schwedische Justiz. Die hätte nämlich alle Angebote Assanges, sich beispielsweise in einer schwedischen Botschaft oder per Videoschaltung vernehmen zu lassen, abgelehnt.

Staatsanwältin Ny will nicht dazu Stellung nehmen, was Assange angeboten hat, lehnt aber Verhörmethoden außerhalb Schwedens ab: Denn es könne sich die Situation ergeben, dass Assange aufgrund des Verhörs sofort verhaftet und in U-Haft genommen werden müsste. Und sie betont: „Das ist das normale Verfahren, das wir bei Verdacht von Sexualverbrechen haben.“ Den Vorwurf der Wikileaks-Anwälte, Assange habe sich nach Erhebung der Vergewaltigungs-Beschuldigungen im August noch 40 Tage lang in Schweden aufgehalten, um die Angelegenheit zu klären, ohne dass die Anklagebehörde aktiv geworden sei, wollte Ny nicht kommentieren.

Der Server bleibt

Pressemeldungen vom Sonntag, wonach Wikileaks seinen schwedischen Server-Standort geräumt habe, erwiesen sich als falsch. Zwar arbeitet die Internetplattform nicht mehr mit ihrem bisherigen Provider PRQ – der zum Umfeld des Bittorrent-Trackers „Pirate Bay“ gehört – zusammen. Die Server stünden nun in ihrer atombombensicheren unterirdischen Halle, teilte der Stockholmer Provider „Bahnhof“ mit. REINHARD WOLFF