MEIN ARD-STUNDENPLAN 2011/2012

REFORMPÄDAGOGIK Hoppla! Kaum ist der Kollege von der Privatschule da, muss am ARD-Gymnasium der halbe Stundenplan neu gesteckt werden. Dafür können die Schüler jetzt endlich ihr Talk-Abitur machen, jeden Tag werden sie von Vollprofis geschult. Nebenfächer wie Dokumentation rutschen dafür leider in die Randstunden – aber was tut man nicht alles für ein klares Profil?

Günther Jauch – der neue Kollege: Seinetwegen wird der ganze Stundenplan durcheinandergewirbelt. Er soll die ARD retten, die ihm dafür das gute Gefühl gibt, wieder Journalist zu sein. Jetzt soll der Neu-Platzhirsch Jauch allerdings gar nicht so glücklich sein, weil der Alt-Platzhirsch Plasberg gleich am Tag nach ihm talkt. Aber die beiden werden sich schon anfreunden.

Betragen: War früher mal Sonntagsschüler. Seine Masche zwischen schleimend-nettem Onkel und von sich selbst überzeugtem Großinquisitor gibt es bislang im öffentlich-rechtlichen Polittalk-Zirkus noch nicht. Und weil er eigentlich alles kann – Quiz, Sport, Wein machen, für Beton und gegen Schlafmünzen werben – dürfte ihm auch das gelingen. Die Erwartungen sind allerdings verdammt hoch.

Bemerkungen: Eigentlich sollte Jauch ja schon zwei Schuljahre früher anfangen – doch da konnte sich das Kollegium noch nicht auf ihn einigen, und in den Schul- äh: Anstaltsgremien leisteten „Gremlins“ Widerstand.

Klospruch: „Ohne Jauch geht’s auch.“

Frank Plasberg – der schwarze Pädagoge: Er wollte und sollte nicht in die späten Stunden nach den vereinheitlichten „Tagesthemen“ weichen. Damit hat er seinen Führungsanspruch im ARD-Kollegium klargemacht – was natürlich auch leichter fällt, wenn man die mächtige WDR-Intendantin und künftige ARD-Vorsitzende Monika Piel im Rücken hat. Den neuen Kollegen am Sonntag „bewundert“ er aber ganz ungeniert, sagt Plasberg. Weil der eben alles könne.

Inhalt: Der Faktencheck ist hart, aber fair. Kann selbst Themen, die alle machen, noch einen neuen Dreh geben. Arbeitet dabei aber auch mehr und mehr nach Schema F.

Betragen: War früher kein Sonntagsschüler, sondern Boulevard-Mann. Hebt deswegen hier und da mal ab, ist aber ehrlicher eitel als der Neue. Vergreift sich nach Meinung mancher allerdings schon mal im Ton.

Bemerkungen: Vertritt schon heute manchmal stundenweise am Donnerstag und ist auch für andere Fächer (Show usw.) offen.

Klospruch: „Es gibt Talk – und es gibt Plasberg“

Sandra Maischberger – das Rehlein: Sie muss als Einzige in der ARD nicht umziehen. Vielleicht weil sie nie etwas dagegen hatte, die unbeliebten späten Talkstunden zu übernehmen. Dabei beherrscht sie eigentlich das knallharte Politgeschäft, was sie an früheren Wirkungsstätten bewiesen hat. Geht aber jetzt lieber auf Nummer sicher im gesellschaftskundlichen Bereich. Wird aber nach eigener Einschätzung immer meinungsloser.

Inhalt: Schwankt manchmal stark zwischen Politik, Sozialkunde und Kunst. Ist aber immer gut vorbereitet und hat dank ihrer unklaren Kernfächer oft die interessanteren, weil nicht so erwartbaren Unterrichtsbesucher.

Betragen: Einwandfrei, könnte aber mehr aus sich rauskommen. Dann wäre sie vielleicht auch so weit gekommen wie Jauch, der die gleiche Eliteschmiede besucht hat wie sie. Und sie hat ’nen Hang zu alten Männern (Nobbi Blüm, Heiner Geißler, Peter Scholl-Latour)

Klospruch: „Ich würde mich selbst nie einladen. Ich bin zu langweilig.“

Anne Will – die Ausgebremste: Sie saß mal auf der Poleposition, jetzt muss sie sinngemäß nach der Siebten Chemie unterrichten. Dabei hat sie ja eigentlich als Sportlehrerin angefangen, damals, beim SFB. Und sich dann per Aufbaustudium für „Tagesthemen“ und Politiktalk in der ARD-Oberstufe qualifiziert. Doch gegen den Mann von der Privatschule hatte sie am Sonntag keine Chance. Dass ihr die Schulbehörde – ihre Heimatanstalt NDR – die Versetzung auch noch in ihren großen Ferien vor den Latz geknallt hat, war aber wirklich nicht nett

Inhalt: Bisher war es der offizielle Staatszirkus zum Wochenende, mit gefühlt immer gleicheren Beiträgen. Dafür müssen aber immer zwei Normalmenschen wie dumme Schüler nach vorn an die Tafel – nee, aufs Betroffenen-Sofa. Betragen: Etwas weniger statisch und engagierter als ihre Vorgängerin Frau Christiansen. Amüsiert sich oft wie Bolle. Kann aber ganz schön zickig sein, heißt es auf dem ARD-Schulhof.

Klospruch: „Anne Will – ich sie auch.“

Reinhold Beckmann – der Softie im Cordsakko: Weil Beckmann viel zu lieb ist, um sich gegen die Kollegen Jauch und Plasberg durchzusetzen, unterrichtet er jetzt am Donnerstagabend und nur einen Wahlpflichtkurs. Voll gemein: Parallel kann man sich auch Frau Illner und Herrn Lanz von der ZDF-Schule anhören. Ein bisschen doof geplant, finden Sie? So kennt man das vom öffentlich-rechtlichen Schulzentrum. Sie vermissen Herrn Schmidt im Angebot? Na, der hat sich doch auf diese Privatschule zurückversetzen lassen. Ob er da auch so häufig fehlen wird?

Betragen: Das glatte Gegenteil von Schmidts zuweilen flegelhaftem und demoralisierendem Auftreten. Bei und für Reinhold Beckmann gibt es nur gute Noten. Verständnisvoll geht er mit seinen Schülern um, interessiert sich für ihre Sorgen und Nöte. Auf harte Fragen muss sich hier keiner einstellen. Ein Vertrauenslehrertyp (Lieblingsfilm: „Der Club der toten Dichter“) – wenn er nicht zu diesen berüchtigten Monologen neigen würde.

Klospruch: „Beckmann – geh weg, Mann!“ MBR, STG, DENK