DIE DREI FRAGEZEICHEN
: „Das Bild kommt weg“

WIE BITTE? Der neue grüne Ministerpräsident in Stuttgart mistet Kunst aus. Wir haben den Künstler Hans Peter Reutner nach seinen Gefühlen befragt

„Ich saß sowieso nicht in meinem Atelier und habe geweint“

Winfried Kretschmann will vieles anders machen, zum Beispiel das Ländle zum ökologischen Musterland umfunktionieren. Aber auch in seinem neuen Chefbüro in der Villa Reitzenstein hoch über Stuttgart soll nicht alles so bleiben, wie es ist. So verkündete er bei der ersten Besichtigung im Beisein von zwei Dutzend Journalisten: „Das fliegt als Erstes raus.“ Und meinte das Kunstwerk über seinem Schreibtisch. Es handelte sich dabei um das Bild „Blaue Poesie“ des Künstlers Hans Peter Reuter. Der hat dafür 10.000 Quadrate aus Wellpappe zusammengefügt und ultramarin gefärbt.

taz: Herr Reuter, hat der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann keinen Kunstgeschmack?

Hans Peter Reuter: Ich weiß leider nicht, welche Art von Geschmack Herr Kretschmann hat und ob er vielleicht sogar gar keinen besitzt. Eventuell wäre er besser beraten gewesen, wenn er seinen Kunstgeschmack nicht mit seiner ersten Amtshandlung aus dem privaten Bereich in die Öffentlichkeit befördert hätte.

Was hat Kretschmann denn nicht gefallen?

Leider hat er ja vor der Presse nur gesagt: „Das Bild kommt weg“ und keinen Grund dafür angegeben. Er hat sich auch später nicht dahingehend geäußert. Also spekuliere ich, dass es ihm zu schlecht, zu hässlich, zu blau, oder sonst wie zuwider war. Vielleicht ist das Bild aber auch einfach zu gut und zu stark für ihn, als dass er es ertragen konnte.

Wo ist das Bild jetzt?

Keine Ahnung. Ich habe in der SWR-Landesschau mitbekommen, dass die neue Staatsministerin wohl sehr begeistert von dem Bild ist und es in ihr Büro im selben Gebäude hängen will. Ich saß aber sowieso nicht in meinem Atelier und habe geweint, weil Herr Kretschmann ein Bild von mir abhängen lässt. Zu ihm kam in der Landesschau übrigens ein schöner Satz vor: „Wenn ein Grüner bei Blau rotsieht, dann sehe ich schwarz für ihn“. Das fand ich lustig.

INTERVIEW: ROBERT IWANETZ

■ Hans Peter Reuter, 1942 in Schwenningen geboren, lebt und arbeitet in Lauf bei Nürnberg