Freiheit, die er meint

ORTSTERMIN Springer-Chef Mathias Döpfner stellt sein neues Buch „Die Freiheitsfalle“ vor

Döpfner muss niemandem etwas beweisen – schon gar nicht Moderator Michael Jürgs

Ja, es ist Liebe! Mathias Döpfners Vaterstolz ist so groß, dass er immerzu aus seinem neuen Buch vorlesen möchte. Doch Moderator Michael Jürgs lässt ihn nicht. Der frühere Stern-Chefredakteur bügelt die Ambitionen des aktuellen Springer-Vorstandsvorsitzenden ab wie die Flausen eines Schuljungen. Döpfner wiederum lässt das penetrante Gefrotzel von Jürgs, dessen Selbstgefälligkeit seinen Redeanteil noch übersteigt, an sich abperlen. Er muss niemandem etwas beweisen – schon gar nicht Michael Jürgs.

Dieser Abend im Weinkeller des Berliner Promilokals Borchardt ist ein Triumph für Mathias Döpfner. Er hat sich trotz seines straffen Terminkorsetts ein Buch abgerungen, „Die Freiheitsfalle – ein Bericht“, erschienen im Springer-eigenen Propyläen-Verlag, und alle, wirklich alle sind gekommen zu dieser „Privatveranstaltung“ des Konzernmanagers – freiwillig, wie es heißt: die Springer-Chefredakteure Diekmann, Peters, Strunz genauso wie die Exchefredakteure Bissinger, Bremer, Aust, aber auch Szenegrößen wie Isa von Hardenberg, Atze Brauner und Guido Westerwelle. Nur Helmut Kohl fehlt, darf er aber natürlich nicht, wenn es bei Springers um Freiheit geht beziehungsweise die „selbstzufriedene Freiheitsvergessenheit“ der Deutschen, wie Döpfner sagt. Die Stelle, wo er Kohl als „ganz großen Freiheitsermöglicher der deutschen Geschichte“ abfeiert, darf Döpfner doch noch vortragen.

Interessant wird’s, wenn die Liebe von Döpfner auf Teile seiner über 11.500 Untergegebenen weltweit überspringen sollte. Könnte sein „sehr persönliches Buch“ (Verlag) – bildungsbürgerlich durch ein vorangestelltes Perikles-Zitat aufgewertet – doch eine Kehrtwende in der Unternehmenskultur markieren. „Wer den Mut zum Nein hat, ist ein Freund der Freiheit“, schreibt er, „der nickende Befehlsempfänger und der unterwürfige Jasager sind ihre Feinde.“ Klingt gut, geht nur an der Realität in Springer-Redaktionen vorbei. Widerspruch muss man sich dort wie in vielen Firmen leisten können. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn Subalterne plötzlich bei Konflikten mit dem Chef aus Döpfners Freiheitsbuch zitieren würden! So viel Freiheit braucht kein Manager. DENK