Putins treue Stimme

RUSSLAND Was ist das für ein Sender, bei dem Julian Assange ab März mit Revolutionären talken wird?

„Tusch und Trommelwirbel, die erste Show Julian Assanges läuft bei uns“, frohlockte Margarita Simonyan, Chefredakteurin des staatlichen russischen Satellitensenders Russia Today (RT). Im März wird der Wikileaks-Gründer dort auf Sendung gehen. Geplant sind zehn Interviews „mit politischen Schlüsselfiguren, Intellektuellen und Revolutionären aus aller Welt“, die, so Assange, „die Tagesordnung von morgen bestimmen“. Der Sender feiert die Zusage des Australiers wie einen Coup, der das Weltgefüge aus den Angeln heben wird. Die Namen der Revolutionäre hält er indes noch geheim.

RT ist eine treue Stimme des Kremls, der den Sender 2005 aus der Taufe hob, um Russlands internationalen Einfluss zu erhöhen. Der Kanal sendet in Englisch, Spanisch und Arabisch. Die russischen Journalisten wurden von den Kremlpropagandisten handverlesen und auf unbedingte Loyalität geprüft. Die ausländischen Mitarbeiter stellen einen seltsamen Mix aus Abenteurern, unerfahrenen Berufsanfängern, Ahnungslosen, ausgemusterten Westjournalisten oder Geldkarrieristen dar.

Offiziell verfolgt RT die Linie, politischen Aktivisten und Experten eine Stimme zu leihen, die in westlichen Mainstreammedien nicht zu Wort kommen. Dem selbstgestellten Auftrag, Gegenöffentlichkeit zu schaffen – zumindest im Ausland –, wird der Sender nicht gerecht. Leitmotiv der Berichterstattung ist die vermeintliche westliche Verschwörung gegen Russland.

„Schämen Sie sich, Mr. Assange!“, schrieb Alexander Lebedew, Oligarch und Miteigentümer der oppositionellen Zeitung Nowaja Gaseta auf Facebook. „Ein schlimmeres Ende für einen Herausforderer der Weltordnung (…) kann man sich kaum vorstellen“. KLAUS-HELGE DONATH, MOSKAU