DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Die Waschanlage Europas

WAS SAGT UNS DAS? In Deutschland wird immer mehr Geld gewaschen, sagt das Bundeskriminalamt. Auch darin zeigt sich die Krise der EU

Auf das Geld gib acht!“, geht ein alter Vers von Bertolt Brecht. „Hast du Geld, mußt du dich nicht beugen!“ Nur waschen muss man es halt vorher. Und wo wäscht die Organisierte Kriminalität (OK)? Da, wo es einerseits ökonomisch brummt, wo man andererseits immer noch nicht so genau wissen will, wie viel Blut an den leckeren Scheinen klebt. Dass Deutschland eines der von der Mafia für die Geldwäsche bevorzugten Länder sei, hätten 45 Kronzeugen in Vernehmungen bestätigt – sagte Roberto Scarpinato, leitender Oberstaatsanwalt in Palermo, am 22. Oktober bei einer Anhörung vor dem Bundestag.

12.968 Anzeigen seien 2011 wegen des Verdachts auf Geldwäsche bei den Ermittlern eingegangen, gab gestern das Bundeskriminalamt (BKA) gemeinsam mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bekannt: Eine Steigerung um rund 17 Prozent gegenüber 2010. Im letztjährigen „Bundeslagebild Organisierte Kriminalität“ spielten bei der Geldwäsche vor allem italienisch dominierte OK-Gruppierungen eine Rolle. Die italienische Anti-Mafia-Organisation „Libera“ schrieb Anfang Oktober dieses Jahres von geschätzten 50 Milliarden Euro, die von den italienischen Mafias Jahr für Jahr in Deutschland gewaschen würden, dem Land, das mehr denn je das Herzland Europas ist, dem junge, gut ausgebildete Arbeitskräfte zuströmen, das sich an den Kapitalmärkten auf Kosten der anderen EU-Länder unschlagbar günstig refinanziert, dessen Immobilienmarkt in den großen Städten boomt.

Man muss also nicht nur von der Geldwäsche reden, sondern von den Unmengen an Kapital, das derzeit auf der Suche nach Rendite um den Erdball jagt. Deutschland muss sich in der Tat niemandem beugen. Wer Macht hat, hat aber auch Verantwortung. Dass Deutschland der gerecht würde, lässt sich dem BKA-Bericht nicht entnehmen.

AMBROS WAIBEL