DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Wir, rassistisch? Niemals!

WAS SAGT UNS DAS? Faz.net veröffentlicht eine rassistische Karikatur. Auf Kritik reagiert die Redaktion pampig und stellt sich stur

Manchmal brauchen selbst kluge Köpfe ein bisschen länger. Vor zwei Wochen bebilderte faz.net einen Text über Ärztemangel auf dem Land mit einer rassistischen Karikatur, die nun den virtuellen Mob auf Twitter schimpfen lässt: Ein alter Patient an der Hand eines Krankenpflegers steht einer schwarzen Figur mit überdimensionierter Maske auf dem Kopf und Lendenschutz gegenüber. „Praxis Dr. Mbongo. Viele Heilung. Alle Kasse“ steht auf seinem Praxisschild. Bildunterschrift: „Deutschland profitiert von eingewanderten Fachkräften.“

Ein bisschen verspätet, aber doch verlässlich, setzte nun die Wut der Twitterer ein. Die faz.net-Redaktion antwortete gelassen, die Karikatur zeige lediglich, was manche Deutsche heimlich dächten. Das könne böse und hintersinnig sein, rassistisch sei es aber jedenfalls nicht. Heißt: Wenn viele Menschen denken, der Landarzt der Zukunft sei ein Medizinmann aus dem Dschungel, der mit Hokuspokus und Kauderwelsch auf arme alte Patienten losgelassen wird, dann kann das nicht rassistisch sein. Interessante Argumentation. Sie gibt dem Völkermord in Ruanda, der Ausländerhetze in Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen eine neue Dimension.

Faz.net blieb weiter stur und twitterte in unendlicher Wiederholung: Das Bild „vergrößert vorhandene Ressentiments ins Unwahrscheinliche und macht sie dadurch lächerlich“. Kritikresistent wie eine Teflonpfanne.

Shitstorm-Management-technisch ist diese Strategie allerdings nicht besonders gewinnbringend. Das hat Karl Theodor zu Guttenberg nach seiner Doktorarbeit feststellen müssen, das hat der ADAC gemerkt, und das hat die taz gemerkt, als sie vor der Europawahl eine Anzeige der AfD gedruckt hat. Stur stellen ist der Katalysator eines jeden Skandals. Wenn ein fleißiger Rechercheur die Lüge enttarnt oder Dutzende Leser öffentlich ihre Wut verschicken, bläht sich die Empörung weiter auf. Die Entschuldigung, die faz.net mittlerweile twitterte, ging darin unter – ein Lehrstück für alle Öffentlichkeitsmitarbeiter, Social-Media-Redakteure und PR-Berater: Erst denken, dann twittern. Afro