DAS WETTER: DER NERVENTÖTER

Der Nerventöter war schon seit vielen Jahren durch das weite Land gezogen und hatte Nerven getötet, wo immer er auf welche traf. Stets war er als Sieger aus diesen meist sehr harten Kämpfen hervorgegangen. Ob in Kneipen, in Konzerten oder in der U-Bahn – der Nerventöter leistete ganze Arbeit. Doch einmal, es war vor vielen Jahren, da traf er auf einen Gegner, wie er noch niemals zuvor einen erlebt hatte. Es waren die Nerven von Käthe Schenk, die bei der Telefonseelsorge ehrenamtlich ihren Dienst versah. Käthes Nerven waren unzerstörbar. So oft der Nerventöter auch bei ihr anrief, stets hörte sie ihm geduldig zu, gab die immer gleichen Ratschläge, blieb sanft, selbst wenn der Nerventöter ihr fünfzigmal das Gleiche erzählte. Dann gab sie ihm eben fünfzigmal die selbe Antwort. Das war die kleine, verborgene Stelle, an der seine Nerven verletzlich waren: Man musste den Irrsinn nur dauernd wiederholen. Das machte ihn rasend. Der Nerventöter hatte seine Meisterin gefunden. Er starb als gebrochener Mann in einer abgelegenen Nervenheilanstalt.