„Banken wollten Abgeordnete täuschen“

LOBBYISMUS Erst eine unabhängige Finanzexpertin hat Parlamentariern klargemacht, dass ein neues Gesetz zur Bankenregulierung nichts bringen würde. Mit Erfolg: Jetzt wagt der Bundestag „nationalen Alleingang“

BERLIN taz | Nicht immer haben die Banken mit ihrem Lobbyismus Erfolg: Der deutsche Bundestag will eine EU-Richtlinie verschärfen. Bei Verbriefungen sollen die Banken 10 Prozent der Papiere in ihren Bilanzen behalten. Die EU fordert bisher nur 5 Prozent.

Verbriefte Kredite haben die jetzige Finanzkrise ausgelöst: Ramsch-Hypotheken aus den USA wurden so lange gestückelt und neu zusammengestellt, bis aus riskanten Darlehen angeblich hochwertige Papiere geworden waren, die weltweit verkauft wurden. Die Verluste bei diesem Kredit-Karussel gingen in die Billionen.

Um die Verbriefung von Krediten sicherer zu machen, hat die EU daher vorgeschrieben, dass die Banken, die derartige Papiere in Umlauf bringen, 5 Prozent davon selbst behalten müssen – also am Risiko beteiligt bleiben. Ursprünglich hatte die Kommission sogar einen Selbstbehalt von 15 Prozent vorgesehen, konnte sich aber nicht gegen die Banken durchsetzen.

Jede EU-Richtlinie muss vom Bundestag in nationales Recht umgesetzt werden – wozu bei diesem Gesetz eine Anhörung im Finanzausschuss gehörte. Als Expertin war auch Martina Metzger vom Berliner Institut für Finanzmarktforschung geladen, die die Bundestagsabgeordneten erstmals darüber aufklärte, dass ein Selbstbehalt von 5 Prozent überhaupt nichts bringen würde. Der schlichte Grund: Schon jetzt sei es üblich, dass die Banken freiwillig eine „Erstverlusttranche“ übernehmen. Wie die deutsche Lobbyorganisation für Verbriefungen „True Sale International“ auf ihrer Homepage selbst ausweist, macht die Erstverlusttranche zwischen 5,93 und 8,61 Prozent des Transaktionsvolumens aus. Kurz: Der Bundestag würde die gängige Praxis nicht verschärfen, sondern sogar aufweichen. „Die Banken haben versucht, die Abgeordneten zu täuschen“, sagt Metzger.

Die Regierungsfraktionen erwiesen sich als lernfähig. „Die Anhörung hatte massive Auswirkungen auf die Gesetzgebung“, bestätigt Volker Wissing (FDP), der den Finanzausschuss leitet. Union und Liberale werden am Donnerstag im Bundestag nun beschließen, dass der Selbstbehalt ab 2012 von 5 auf 10 Prozent steigt. In der Zwischenzeit soll die Bundesregierung versuchen, auch in der EU einen höheren Selbstbehalt durchzusetzen. Sollte dies misslingen, ändert sich an der deutschen Gesetzgebung nichts mehr. „Dann haben wir einen nationalen Alleingang“, kündigt Wissing an.

ULRIKE HERRMANN