Vattenfall malt sich grün an

ENERGIE Der schwedische Konzern kündigt Entlassungen, Einsparungen und den Rückzug aus Dänemark und Polen an. In Deutschland sind keine Änderungen geplant – angeblich

AUS STOCKHOLM REINHARD WOLFF

Entlassungen, Abstriche bei geplanten Investitionen, den Verkauf von Kohlekraftwerken und den Rückzug aus Märkten wie Dänemark und Polen kündigte der schwedische Energiekonzern Vattenfall am Dienstag an. In Zukunft wolle man bei der Energieproduktion nur noch in Sektoren mit „geringen oder geringeren Klimaauswirkungen wie Windkraft, Kernkraft, Biogas, Wasserkraft und Erdgas“ wachsen.

Ganz im Widerspruch zu dieser allgemeinen Neuausrichtung des Konzernkurses machte Konzernchef Øystein Løseth aber eine Ausnahme für den deutschen Markt. Hier sei ein Ausstieg aus der Kohleverstromung nicht vorgesehen: Man werde die Positionen halten, weil Deutschland zu den Kernmärkten gehört. Informationen (siehe taz vom 20. September), wonach Vattenfall sich von seinen deutschen Braunkohlekraftwerken trennen will, bezeichnete Løseth als falsch.

Die Neuausrichtung des Staatskonzerns hatte die Regierung in Stockholm veranlasst. Das Wirtschaftsministerium hatte gefordert, dass Vattenfall rentabler und umweltverträglicher werden müsse: 2009 beruhten rund 55 Prozent der gesamten Stromproduktion Vattenfalls auf fossilen Quellen, in Deutschland sogar 90 Prozent.

Ein solcher Energiemix widerspreche den Klimaambitionen Schwedens, erklärte Wirtschaftsministerin Maud Olofsson schon im Juni 2009: Wort und Handeln müssten übereinstimmen.

Der Verabschiedung des damaligen Vattenfall-Chefs Lars G. Josefsson folgte die Neuformulierung der Unternehmensrichtlinien, die Vattenfall nun nicht nur für den schwedischen, sondern für alle Märkte eine Ausrichtung an „ökologischer Nachhaltigkeit“ auferlegen.

Ein 90-prozentiger Anteil an Fossilstrom steht dazu in klarem Widerspruch. Quellen der taz aus dem Wirtschafts- und Umweltministerium in Stockholm bezeichnen die Beteuerung von Vattenfall, an den deutschen Braunkohlekraftwerken festhalten zu wollen, als taktisch bedingt. Um den Preis hoch zu halten, versuche der Konzern den Eindruck zu vermeiden, er sei zum Verkauf gezwungen. Ein Festhalten an den deutschen Braunkohlekraftwerken sei für Stockholm nicht akzeptabel.

Als taktisch bedingt einzuschätzen ist nach taz-Informationen auch die Stellungnahme des Konzernchefs zur Zukunft der Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel. Løseth dementierte Verkaufsabsichten und betonte: Wir wollen sie möglichst schnell wieder ans Netz bringen. In Wirklichkeit will Stockholm die Anlagen wohl loswerden – allein aus Haftungsgründen: Bei einem Atomunfall könnte die schwedische Vattenfall-Mutter und damit der Staat schadensersatzpflichtig werden. Blieben die Reaktoren stillgelegt, könnte Vattenfall jedoch für sie weniger Geld verlangen.