Nutella: Irreführende Etiketten auf dem Glas

ERNÄHRUNG Gericht verurteilt Hersteller Ferrero wegen missverständlicher Nährwerttabellen

BERLIN taz | Zum wiederholten Mal fällt die Lebensmittelindustrie durch Verbrauchertäuschung bei der Nährwertkennzeichnung auf: Der Hersteller Ferrero habe die Tabellen auf seiner Nuss-Nougat-Creme Nutella irreführend gestaltet, urteilte nun das Oberlandesgericht Frankfurt/Main. Sie könnten beim Durchschnittsverbraucher den falschen Eindruck erwecken, das Lebensmittel „enthalte nur wenig Fett und Zucker, jedoch viel Vitamine und Mineralstoffe“, so die Richter. Auch wenn das Etikett der Verordnung zur Nährwertkennzeichnung entspreche, sei es „irreführend“ und damit illegal. Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband.

Die Debatte hat auch gesundheitspolitische Relevanz, weil viele Wissenschaftler den übermäßigen Konsum von Fett für Übergewicht verantwortlich machen. Zucker kann Zahnschäden verursachen. Wohl deshalb versucht Ferrero, herunterzuspielen, dass Nutella zu 55 Prozent aus Zucker und zu 31 Prozent aus Fett besteht. Diesen Effekt haben jedenfalls dem Gericht zufolge die Tabellen auf den Etiketten. Sie geben unter anderem an, wie viel Prozent der empfohlenen Tagesmenge von Nährstoffen Nutella enthält. Für Fett und Zucker macht Ferrero die Angabe auf eine 15 Gramm schwere Portion bezogen. Demnach liefert so eine Ration Nutella nur 7 Prozent der empfohlenen Tagesmenge Fett. Für Vitamine, Calcium, Magnesium und Eisen dagegen weist Ferrero die Daten auf 100 Gramm Nutella aus. Ergebnis: Diese Menge Nutella liefert zum Beispiel satte 78 Prozent des Vitamin-E-Bedarfs.

Ferrero kündigte an, vor den Bundesgerichtshof zu ziehen. Ab Ende des Jahres werde die Firma aber alle Nährwertdaten „sowohl in 100 Gramm als auch pro Portion“ angeben.

Auch andere Hersteller tricksen. So werden auf Keksen für Kinder die Richtwerte nicht auf Kinder bezogen, sondern auf Erwachsene. Bei der niedrigen Kilokalorien-Angabe auf einer 1-Liter-Limonadenflasche steht nur in winziger Schrift, dass sich die Zahl lediglich auf 100 Milliliter bezieht. JOST MAURIN