Schäuble muss nachsitzen

EURO-GIPFEL I Der Wechsel des Finanzministers an die Spitze der Eurogruppe ist in weite Ferne gerückt. Bei den Südländern hat er sich unbeliebt gemacht, Frankreich blockiert

Für die einen ist er ein „europäischer Patriot“ – für andere ein arroganter Schulmeister

AUS BRÜSSEL ERIC BONSE

In diesem Jahr wird es nichts mehr mit dem heiß ersehnten Karrieresprung: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wird den Vorsitz der Eurogruppe vorerst nicht übernehmen. Und auch für die Zukunft sind die Chancen schlecht, denn Frankreich blockiert die Entscheidung. Beim Krisentreffen der 17 Eurofinanzminister wurde der Streit auf unbestimmte Zeit vertagt.

Dabei ist es nicht so, dass Schäuble keine Freunde in Europa hätte. Die Finanzminister aus den Niederlanden, Finnland und Österreich würden ihn lieber heute als morgen zum neuen Eurochef küren, denn sie teilen seine ausgeprägte Vorliebe für Sparsamkeit und Disziplin. Noch-Amtsinhaber Jean-Claude Juncker hat sogar eine Laudatio auf Schäuble gehalten und ihn als „deutschen und europäischen Patrioten“ gelobt. Das war bei der Verleihung des Karlspreises in Aachen im Mai, als Schäuble schon als Juncker-Nachfolger im Gespräch war.

Doch bei ihrer nächtlichen Sitzung von Montag auf Dienstag konnten sich die 17 immer noch nicht auf Schäuble einigen. Nun müssten die „Chefs“ ran, kommentierte der seine Niederlage. Möglicherweise wird es gar nichts mehr mit der EU-Karriere für den überzeugten Europäer, der sich gerne als ersten „Finanzminister“ der Eurozone sähe.

Vordergründig liegt dies vor allem am Widerstand aus Paris. Frankreichs neuer sozialistischer Staatschef François Hollande hält gar nichts von der Idee, Deutschland auch noch den Vorsitz der Eurogruppe zu überlassen. Schließlich habe Berlin in der Eurokrise wegen seiner ökonomischen Macht ohnehin schon das letzte Wort, glaubt man in Paris.

Doch Schäuble hat noch andere Probleme als seine Staatsangehörigkeit und noch andere Widersacher als Frankreich. Seine schulmeisterliche Art kommt in Brüssel ebenso wenig an wie seine bissigen Bemerkungen. Vor allem aber stößt vielen sauer auf, wie er mit Griechenland umgesprungen ist. „Herr Schäuble beleidigt mein Land“, hatte der griechische Staatschef Karolos Papoulias im Februar geschimpft, als Schäuble mit einem Ende der Hilfszahlungen drohte und Athen ein „Fass ohne Boden“ nannte. Unvergessen ist auch seine Drohung, die Griechen aus dem Euro zu schmeißen, falls sie nicht die „richtige“ Regierung wählen sollten.

Auch Spanien und Italien haben Vorbehalte. Denn schon 2011 sorgte Schäuble mit der Forderung nach einer Umschuldung in Griechenland dafür, dass Rom und Madrid plötzlich höhere Zinsen an den Finanzmärkten zahlen mussten. Heute, da die Zinsen erneut in bedrohliche Höhen klettern, spielt der deutsche Kassenwart auf Zeit – und tut so, als sei der Zinsdruck kein Problem. Diese mangelnde Rücksichtnahme rächt sich nun.

Wenn sich die Eurochefs nicht doch noch bis zum Jahresende auf Schäuble einigen, dann kann er seine europäischen Ambitionen wohl endgültig vergessen. Wenn es ganz dumm läuft, wird er nicht etwa wie geplant als Retter, sondern sogar als Totengräber des Euro in die Geschichte eingehen.