Schluss mit den Klagen: Netzausbau jetzt in schnell

LEITUNGEN II Der Bundestag beschließt ein Gesetz, mit dem Stromtrassen fixer fertig werden sollen

Wenn Bürger klagen, entscheidet nun sofort das Bundesverwaltungsgericht

FREIBURG taz | Der Bundestag hat gestern zum zweiten Mal ein Gesetz beschlossen, das den Ausbau der Stromnetze in Deutschland beschleunigen soll. Dazu gehören 36 Höchstspannungstrassen, für die eine „energiewirtschaftliche Notwendigkeit“ bestehe, um einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb zu gewährleisten, heißt es im Gesetz. Darunter sind auch Pilotprojekte zu sogenannten HGÜ-Gleichstromtrassen, die Energie besonders verlustarm von Nord- nach Süddeutschland transportieren sollen. Auch neuartige Hochtemperaturleiterseile sollen erprobt werden, mit denen auf bestehenden Trassen mehr Energie transportiert werden kann. Zudem gibt es Pilotprojekte, mehr Kabel unter der Erde zu verlegen.

Die Bundesregierung begründet das Gesetz damit, dass die dezentral gewonnene Energie aus erneuerbaren Quellen, aber auch der grenzüberschreitende Stromhandel den raschen Bau neuer Höchstspannungsleitungen in Deutschland „dringend erforderlich“ machten. Nur so könne es Energiewende plus Versorgungssicherheit geben.

Durch das neue Gesetz können Netze schneller realisiert werden: Der Rechtsweg wird verkürzt, wie man es auch bei Autobahnen macht. Wenn Bürger gegen Trassen klagen, entscheidet nun sofort das Bundesverwaltungsgericht. Langjährige Prozesse durch mehrere Instanzen sind nicht mehr möglich.

Führen Stromtrassen durch mehrere Bundesländer, übernimmt die Bundesnetzagentur nun nicht nur, wie bisher, die Planung des Streckenverlaufs, sondern gleich das komplette Planfeststellungsverfahren. Bisher war das auf mehrere Länderbehörden verteilt. Auf diese Weise seien nun Vorschriften, Rechtspraxis und Ansprechpartner einheitlich, heißt es in der Begründung des Gesetzes.

Die Netzausbaupläne werden alle drei Jahre überarbeitet. Sie basieren auf Modellrechnungen der Übertragungsnetzbetreiber, die für jede Stunde des Jahres Stromerzeugung und -bedarf simulieren. So sollen Schwachstellen des Netzes ermittelt werden. Laut Gesetz müssen erst alte Netze verbessert werden, bevor neue gebaut werden dürfen.

Ob die nun geplanten Stromtrassen aber tatsächlich nötig sind, ist unter Experten umstritten. Als „weit überdimensioniert“ hatte kürzlich Lorenz Jarass, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden, die Netzausbaupläne bezeichnet. BERNWARD JANZING

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