Strittiger Erfolg im letzten Moment

BANKENUNION Das Europaparlament besiegelt die neuen Regeln zur Sanierung und Schließung maroder Geldinstitute. Der grüne Abgeordnete Sven Giegold spricht vom „größten Integrationsschritt“

BRÜSSEL taz | Das war knapp: Nur drei Tage vor dem Ende der Legislaturperiode und dem offiziellen Beginn des Europawahlkampfs hat das EU-Parlament die lange geplante Bankenunion besiegelt. Mit großer Mehrheit stimmten die Europaabgeordneten für neue Regeln zur Sanierung oder Schließung von Pleitebanken. Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) nannte den Beschluss „historisch“.

Die Bankenunion geht auf einen turbulenten EU-Gipfel im Juni 2012 zurück, als Spanien und Italien den ersten Beschluss durchsetzten – gegen den Willen der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Ihren Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kostete es in den Monaten danach Mühe, die Vorschläge so umzumodeln, dass sie deutschen Vorstellungen entsprachen. Das gefiel dem Europaparlament nicht; es stimmte erst nach zähen Verhandlungen zu.

Das Ergebnis ist umstritten: Kritiker monieren, es dauere viel zu lange, bis ein gemeinsamer Abwicklungsfonds für Pleitebanken steht – nämlich acht Jahre. Zudem sei der Fonds mit 55 Milliarden Euro zu klein, um die Pleite eines großen Instituts wie der Deutschen Bank oder der Société Générale auffangen zu können. Auch die Entscheidungsverfahren seien zu komplex, um eine Bank wie geplant an einem Wochenende dicht zu machen.

Doch Europaabgeordnete wie Sven Giegold, der an den letzten Verhandlungen im sogenannten Trilog beteiligt war, betonen die Fortschritte. „Dies ist der größte Integrationsschritt seit Jahren“, sagte der Grünen-Politiker der taz. Zum ersten Mal sei die bisher übliche Kungelei zwischen Nationalstaaten und Großbanken verhindert worden; künftig würden Pleiteinstitute nicht mehr auf Kosten der Steuerzahler herausgehauen.

Giegold betont auch weniger bekannte Details: So soll der Fonds, der zunächst aus nationalen Finanzmitteln gefüllt wird, schon nach zwei Jahren zu 60 Prozent vergemeinschaftet werden. Deutsche Banken wären dann im Notfall nicht mehr bessergestellt als portugiesische. Zudem seien die 55 Milliarden Euro kein endgültiger Deckel. Sollten sie nicht reichen, müssten die Banken nachschießen.

Giegold kritisierte die Linke, die sich über eine Hintertür für die nationale Rettung von Pleitebanken beschwert. „Die Linke hat uns im Europaparlamnent alleingelassen und nicht für bessere Regeln gekämpft“, so der Spitzenkandidat der Grünen. So sei ihre Kritik nicht glaubwürdig.

ERIC BONSE

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