Spannend wie ein Abendbrot

TV-FILM Selten wurde die Verfolgung des NS-Verbrechers Klaus Barbie durch Beate und Serge Klarsfeld so dröge erzählt wie in der „Hetzjagd“ (Fr., 21 Uhr, Arte)

Einzig Hanns Zischler rettet den Film vor dem Totalausfall, er gibt Barbie als das undurchschaubare Böse

Gehetzt wirkt dieser Mann nicht eine Sekunde – im Gegenteil: Provokativ gelassen singt „Don Klaus“ im Kreise seiner streng gescheitelten Familie deutsche Volkslieder oder sitzt in seinem weitläufigen Garten in der südamerikanischen Sonne. Er fühlt sich sicher, das bolivianische Regime hält seine schützende Hand über ihn, Klaus Barbie, NS-Kriegsverbrecher. Noch. Denn Serge Klarsfeld und seine Frau Beate, er französischer Jude, sie Deutsche, sind Barbie auf der Spur und verbeißen sich in diesen Fall wie schon in etliche zuvor und danach.

Der französische Regisseur Laurent Jaoui schildert in dem Fernsehfilm „Die Hetzjagd“, der ein Thriller sein soll, die 12 Jahre bis zu Barbies Auslieferung nach Frankreich 1983 – und obwohl der Film nur 108 Minuten dauert, hat der Zuschauer das Gefühl, bei jedem einzelnen Abendessen von Barbie und den Klarsfelds in dieser Zeit zugegen zu sein. Spannend ist das nicht, eher einschläfernd. Selbst die zu Barbies Festnahme führende Redemokratisierung Boliviens und der anschließende Showdown lassen den Zuschauer merkwürdig kalt.

Schuld daran sind neben Laurent Jaouis lahmarschiger, dröger Inszenierung auch die beiden Hauptdarsteller. Weder Franka Potente als Beate Klarsfeld noch Yvan Attal als ihr Mann Serge taugt als Identifikationsfigur, trotz der hehren Motive der Klarsfelds, über die wir leider viel zu wenig erfahren: sie couragiert, aber nervig, er eigenbrötlerisch und ab Werk sediert.

Hinzu kommen die Schwächen des Drehbuchs, das Jaoui mit Alexandra Deman geschrieben hat. Als Beate Klarsfeld mit den Worten „Leute wie Barbie sind eine Schande für unser Land. Ich möchte wieder stolz drauf sein, Deutsche zu sein. Sie nicht?“ aufgebracht aus dem Büro eines unkooperativen Münchner Staatsanwalts stürmt, rennt dieser hinter ihr her: „Sie haben mich überzeugt.“ Selten wurde ein Sinneswandel so glaubwürdig in Szene gesetzt. Ein weiterer Spitzendialog geht so: „Wir sind ein bisschen spät.“ – „Ich weiß.“ – „Ich bringe Sie natürlich zum Flughafen.“ – „Oh, danke!“

Einzig Hanns Zischler als Klaus Barbie rettet den Film vor dem Totalausfall. Seine Darstellung des Nazifolterers, der wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslänglicher Haft verurteilt wurde und 1991 im Gefängnis starb, enthält sich wohlweislich jeglicher relativierender Psychologisierung. Zischler gibt Barbie als das personifizierte Böse, so undurchschaubar wie skrupellos. Seine Darstellung weist über das Individuum hinaus, sein Barbie steht für all jene Kriegsverbrecher, die nach dem Krieg fernab der Heimat unbehelligt weiterlebten. DAVID DENK