Chinas neue Staatsfeindin

UIGUREN Sie nennt sich „die Mutter der Uiguren“. Sie wird beschuldigt, die Unruhen in Westchina angeheizt zu haben. Rebiya Kadeer weist Schuld zurück und wirft Peking Rassismus vor

ÜRÜMQI/PEKING dpa/epd/taz | Mit einem Großaufgebot an Sicherheitskräften hat die chinesische Führung gestern versucht, die blutigen Unruhen in der Krisenregion Xinjiang zu beenden. Tausende Soldaten und Polizisten marschierten in der Provinzhauptstadt Ürümqi auf und riegelten von Uiguren bewohnte Viertel ab. Die Spannungen zwischen Han-Chinesen und muslimischen Uiguren hielten jedoch an. Die im Exil lebende Präsidentin des Weltkongresses der Uiguren, Rebiya Kadeer, wies Anschuldigungen Pekings zurück, die Drahtzieherin der Aufstände zu sein, bei denen laut offiziellen Angaben seit Sonntag über 150 Menschen getötet wurden.

Die wahre Ursache der Unruhen sei die jahrelange Unterdrückung der Uiguren durch die Chinesen, erklärte Kadeer in einem Beitrag für das Wall Street Journal. Darin sprach sich Kadeer ausdrücklich für Gewaltfreiheit aus. Wie der Dalai Lama und die Tibeter wollten auch die Uiguren auf friedlichem Weg das Recht auf Selbstbestimmung in China erringen, schrieb Kadeer und erhob ihrerseits schwere Vorwürfe gegen die chinesische Führung. Deren Verhalten gegenüber den Uiguren habe „einen rassistischen Ton angenommen.“ Die chinesische Regierung ermutige nationalistisches Denken unter den Han-Chinesen. Laut Kadeer übertreffe die Zahl der Opfer die offiziellen Angaben. So seien bisher rund 400 Uiguren durch „Schüsse und Schläge“ der Polizei getötet worden. Es gebe aber keine genaue Zahl. Weil Telefon- und Internetverbindungen unterbrochen seien, sei es schwer, Informationen zu beschaffen. Der Vizepräsident des Weltkongresses der Uiguren, Asgar Can, warnte vor einem Bürgerkrieg.

Wegen der Unruhen kehrte Chinas Staatspräsident Hu Jintao kurz vor Beginn des G-8-Gipfels aus Italien zurück. Der Chef der Kommunistischen Partei von Xinjiang, Li Zhi, sagte, die für die gewaltsamen Auseinandersetzungen Verantwortlichen müssten mit der Todesstrafe rechnen.

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