Berlins Bürgermeister Wowereit: "Die SPD steht nicht am Abgrund"

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit über Harmonie in der SPD und die Chancen bei der Bundestagswahl mit dem Kandidaten Steinmeier.

Wowereit über Steinmeier: "Er ist sehr beliebt bei der Bevölkerung". Bild: dpa

taz: Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hat eine Rede für alle Parteiflügel gehalten. Ist Harmonie das richtige Signal für eine Partei am Abgrund, Herr Wowereit?

Klaus Wowereit: Wir stehen nicht am Abgrund. Ich habe auch keine harmonische Rede gesehen, ich habe eine kämpferische Rede gesehen. Steinmeier hat unter Beweis gestellt, dass er führen will und wird. Und die SPD steht geschlossen hinter ihm. Das hat nichts mit Harmonie zu tun.

Der Blick geht nach vorne, Steinmeier setzt auf einen Sieg bei den Bundestagswahlen. Hat er überhaupt noch eine Chance?

Die Wahlen sind noch nicht entschieden. Allerdings war das Ergebnis der Europawahlen enttäuschend, auch wegen der niedrigen Wahlbeteiligung. Bei der Bundestagswahl werden viel mehr Bürger wählen gehen. Das ist günstig für die SPD. Wir müssen diese Potenziale jetzt ausschöpfen. Wir müssen die Menschen motivieren und ihnen deutlich machen, dass sie die SPD wählen müssen, wenn sie eine soziale Handschrift in der deutschen Politik haben wollen. Sonst riskiert man eine neoliberale Politik. Und ich glaube nicht, dass die Mehrheit der Bevölkerung das will.

Am Kandidaten wurde in den vergangenen Wochen oft bezweifelt, dass er die Partei mitreißen kann - so wie Gerhard Schröder dies konnte. Glauben Sie an ihn als Wahlkämpfer?

Ich sehe nicht ein, warum wir uns diese Debatte einreden lassen sollten. Auch Gerhard Schröder ist nicht immer bejubelt worden. Er hat auch Kritik einstecken müssen. Frank-Walter Steinmeier ist ein anderer Mensch als Schröder. Wir haben uns bewusst für ihn entschieden. Er ist sehr beliebt bei der Bevölkerung, hat als Außenminister eine hervorragende Arbeit gemacht und als Vizekanzler in den kritischen Phasen der Wirtschaftskrise die Richtung vorgegeben. Er hat Kompetenz und Ausstrahlung.

Sie hätten gerne die Vermögenssteuer im Programm verankert - das ist nicht gelungen. Ist Ihnen das Programm links genug?

Natürlich bleibt die Vermögenssteuer immer ein Thema. Aber sie ist im Moment nicht durchsetzbar. Das Programm ist ein linkes Programm. Aber es richtet sich an alle in der Republik, denn wir müssen als Volkspartei die gesamte Bevölkerung mitnehmen. Wir wollen nun den Spitzensteuersatz anheben, um Bildung zu finanzieren. Das ist die richtige Maßnahme.

Finanzminister und Parteivize Peer Steinbrück warnt im Gegenzug davor, die Mitte aufzugeben. Hat man diese Gefahr in den vergangenen Wochen unterschätzt?

Wir geben die Mitte nicht auf. Wir kämpfen um jeden Wähler. Es geht uns aber auch darum, Stimmen zurückzugewinnen, die wir an die Partei Die Linke verloren haben. Wir wollen auf allen Seiten angreifen und die Bevölkerung zurückgewinnen. Links, rechts - und in der Mitte.

Wenn es am 27. September doch schiefgeht, wären Sie einer der Nachfolgekandidaten.

Wir reden gar nicht über schiefgehen. Sondern wir reden von einer Aufholjagd. Die SPD wird sich sehr gut darstellen. Wir haben den Anspruch, bei der Bundestagswahl stärkste Fraktion zu werden. Dafür kämpfen wir.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.