Weltstar aus Wuppertal

Sie war, vermutlich, die letzte Heilige des Rheinlands. Keine andere Künstlerin wurde so vorbehaltlos geliebt wie Pina Bausch, die seit 1973 das Tanztheater Wuppertal leitete. Bausch war eine feste Größe im internationalen Festivalbetrieb; ihre Choreografien wurden nach Rom, Madrid, Lissabon oder Palermo eingeladen; sie selbst wurde mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht, unter anderem mit dem Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland und dem Kioto-Preis in der Kategorie Kunst und Philosophie. Gestern erlag Pina Bausch im Alter von 68 Jahren einem Krebsleiden – nur fünf Tage nachdem es diagnostiziert worden war.

Traurige, die aus großer Höhe stürzen und aufgefangen werden; im Traum Fliegende, von vielen Armen über die Bühne getragen; Badende, Küssende, sich Umarmende: Seit langem waren die Tanzstücke von Pina Bausch gespickt mit solchen Bildern, die Erzählungen von Glück und Unglück, Sehnsucht und Verlassenheit, Liebe und Trost zu kurzen Miniaturen eindampfen. Dass Bewegungen des Körpers von der Bewegtheit der Gefühle erzählen, ist durch ihre Arbeit zur Selbstverständlichkeit geworden, von der inzwischen viele Choreografen und Theatermacher profitierten. Ihre Stücke gehen verschwenderisch mit Geschichten um, sie selbst aber mochte, auch nach Jahrzehnten großer öffentlicher Aufmerksamkeit, kaum über ihre Kunst reden. Wer sie dennoch hörte, auf einer ihrer seltenen Pressekonferenzen, war vor allem von ihrer Wuppertaler Diktion berührt, langsam, erdig, deutlich. „Frau Bausch, ist Ihr Festhalten am Standort Wuppertal, in Ihrer Heimat, ein notwendiger Ausgleich zu Ihren Arbeit in Städten wie Istanbul, Seoul, Hongkong?“, war eine beliebte Frage. Aber nicht einmal das wollte sie bestätigen, man musste es sich schon selbst ausmalen. KBM, DPA