Das Tauziehen geht zu Ende

OPEL General Motors ist grundsätzlich bereit, Opel an Magna und seinen russischen Partner Sberbank zu verkaufen. Details sollen in den nächsten Wochen verhandelt werden

VON RICHARD ROTHER

Das monatelange Pokern hat möglicherweise ein Ende: Der angeschlagene US-Automobilkonzern General Motors (GM) will seine europäische Tochter Opel an den kanadisch-österreichischen Autozulieferer Magna verkaufen, der mit der russischen Sberbank zusammenarbeitet. Das gab Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag bekannt. Damit hat sich GM offenbar für ein Modell entschieden, für das sich in Deutschland Bund, Länder und Gewerkschaften starkgemacht hatten. Der Opel-Verkauf ist allerdings an Bedingungen verknüpft; das Geschäft könnte also in einigen Monaten noch scheitern. Die Bedingungen seien allerdings beherrschbar, so Merkel.

In den kommenden Wochen müssten noch einige wichtige Punkte geklärt werden, um verbindliche Vereinbarungen zu erzielen, teilte hingegen GM Europe mit. „Dazu gehören eine schriftliche Bestätigung der Arbeitnehmervertretungen, die Vereinbarung mit den notwendigen Kostenanpassungen zu unterstützen sowie der Abschluss eines definitiven Finanzierungspakets der Regierungen von Bund und Ländern.“ Die endgültigen Vereinbarungen sollten in den kommenden Monaten zum Abschluss gebracht werden.

Die Hängepartie bei Opel könnte also noch eine Weile weitergehen. Zwar dürften sowohl Arbeitnehmer als auch Bund und Länder zu Zugeständnissen bereit sein, um die von ihnen favorisierte Lösung zu bekommen – GM hat allerdings noch ein Hintertürchen offen, das es nach der Bundestagswahl nutzen kann.

Auch nach dem Verkauf an Magna soll Opel im globalen Konzern-Verbund integriert bleiben. Der Rüsselsheimer Autobauer müsse im Produktentwicklungs- und Einkaufsverbund von GM eingebunden sein, teilte GM mit. „Dies ermöglicht es allen Seiten, vom Austausch von Technologie- und Entwicklungskapazitäten zu profitieren“, sagte GM-Präsident Fritz Henderson. Beispielsweise könnten Fahrzeuge wie das Elektroauto Ampera, die mit teuren Antriebstechnologien ausgerüstet seien, nur mit vereinten Kräften auf den Markt gebracht werden.

„Opel kann nun einen Neuanfang machen“, zeigte sich Merkel optimistisch. Deutschland werde nun das Gespräch mit seinen europäischen Partnern suchen, um die Lasten des Opel-Verkaufs fair zu regeln. Dabei geht es vor allem um den Abbau von Arbeitsplätzen an den europäischen Opel-Standorten, möglicherweise auch um Schließungen. Deutschland hatte GM mit einem Kredit in Höhe von 1,5 Milliarden Euro gestützt. Diesen Kredit hätte Deutschland zurückgefordert, wenn GM Opel nicht verkauft hätte.

Im Einzelnen wird General Motors 55 Prozent der Opel-Anteile an Magna und Sberbank verkaufen. Weitere 10 Prozent soll die Belegschaft übernehmen. GM selbst wird 35 Prozent an der Gesellschaft, die „New Opel“ heißen soll, behalten. Damit hat sich GM letztlich für das Modell entschieden, das Magna zuletzt favorisiert hatte. Magna hatte zuletzt Staatshilfen in Höhe von 4,5 Milliarden Euro gefordert und will selbst eine halbe Milliarde einbringen. Die Opel-Treuhand, der derzeit 65 Prozent von Opel gehört, hat betont, dass die deutschen Staatsgarantien über 4,5 Milliarden Euro nicht in Russland verwendet werden. „Die Mittel werden ausschließlich für New Opel verwendet“, so Fred Irwin, Beiratschef der Opel-Treuhand. Die Treuhand soll nach dem Verkauf an Magna und die Sberbank aufgelöst werden.

Europaweit will Magna 10.000 Stellen abbauen. Opel hat in Europa zusammen mit der britischen Schwester Vauxhall rund 50.000 Beschäftigte, der Großteil davon in Deutschland.

Nach dem Magna-Konzept sollen die deutschen Standorte – Rüsselsheim, Bochum, Kaiserslautern, Eisenach – erhalten bleiben; Antwerpen und das britische Luton stehen möglicherweise auf der Kippe. Das sieht auch GM derzeit so. In Bochum zum Beispiel würden aber dem derzeitigen Stand nach 2.000 von 4.900 Arbeitsplätze gestrichen.

Das Konsortium um Magna will vor allem den russischen Markt erobern; es hofft kurzfristig auf einen Marktanteil von 20 Prozent. Grundsätzlich dürften die russischen Partner – wie schon bei der Übernahme der mecklenburgischen Wadan-Werften durch einen russischen Investor – auch am Zugang zu westlichem Industrie-Know-how interessiert sein.

Die IG Metall warnt vor Euphorie. Zwar sei die Entscheidung zu begrüßen, doch jetzt beginne erst die Arbeit, so NRW-IG-Metall-Bezirksleiter Oliver Burkhard. „Wir machen uns keine Illusionen. Auch mit Magna wird das kein Spaziergang, aber wenigstens steht jetzt die Richtung fest.“