Die Spenden-Journalistin

Was Sheri Fink in monatelanger Recherche im von Hurrikan Katrina verwüsteten New Orleans ans Licht brachte, schockte selbst härtere Gemüter in den USA: Im Memorial Hospital der Stadt hatten Ärzte ihren Patienten tödliche Injektionen verabreicht, da sie nicht evakuiert werden konnten.

Für ihre Recherchen im Sozial- und Gesundheitswesen ist die promovierte Absolventin der Stanford Medical School bereits vielfach preisgekrönt – seit dieser Woche gehört der Pulitzer-Preis dazu. Soziales Engagement ist für die 41-Jährige ebenfalls kein Fremdwort: 1993 gründete sie mit MitstudentInnen in Stanford „Students Against Genocide“, 2003 war sie mit dem International Medical Corps im Südirak unterwegs. Und auch ihre journalistische Arbeit hat deutlich zivilgesellschaftliche Züge: Fink arbeitet nämlich nicht für eine der großen alten Medieninstitutionen der USA, die bislang auf die Pulitzer-Preise abonniert sind (und auch den Jahrgang 2010 insgesamt noch dominieren). Fink schreibt für das Online-Projekt ProPublica, das gemeinnützigen, investigativen Journalismus im Netz betreibt und sich über Mäzene und Spenden finanziert. 10 Millionen Dollar im Jahr ist ProPublica nach Presseberichten seinen Hauptsponsoren wert, die ihre Vermögen bei der Golden West Financial Corporation gemacht haben. Heute arbeiten über 30 JournalistInnen für ProPublica. Sheri Fink ist auch nicht die einzige mit dem Pulitzer-Preis Dekorierte in der Redaktion in Downtown Washington. Doch während die anderen ihre Preise von den klassischen Medien mitgebracht haben, ist Fink die Erste, die ausdrücklich für einen ProPublica-Beitrag ausgezeichnet wurde.

Für ProPublica-Chef Paul Steiger ist der Preis der „Beleg, dass unser Modell des unabhängigen, gemeinnützigen Journalismus funktioniert“. Selbst wenn der nun ausgezeichnete Beitrag von Sherin Fink parallel auch im New York Times Magazine erschien: Bei den aktuellen Bedingungen in den USA, wo mehr und mehr Zeitungsredaktionen dichtmachen oder ihr Personal derart reduzieren, dass aufwändige investigative Recherchen langsam, aber sicher zum Fremdwort werden, ist ProPublica mehr als preis-wert. STEFFEN GRIMBERG