Geflüchtete Tunesier in der EU: Ohne Bargeld keine Reise

Die nach Italien geflüchteten Tunesier könnten mit dem "Sondervisum" in EU-Staaten reisen. Doch nur, wenn sie Geld für den Lebensunterhalt vorweisen können. In Bar.

Die EU sieht bei ca. 20.000 Tunesiern keine Massenzustrom-Gefahr. Bild: dpa

FREIBURG taz | Italien versucht Europa zu erpressen. Indem Flüchtlingen aus Nordafrika jetzt "Sondervisa" erteilt werden, die zur Weiterreise in andere EU-Staaten berechtigen, will man eine bessere Verteilung der Zuwanderer ertrotzen. Rechtlichen Anspruch auf Hilfe hat Italien nicht.

Es gibt zwar eine EU-Richtlinie zum "vorübergehenden Schutz bei einem Massenzustrom von Vertriebenen" von 2001. Diese sieht eine koordinierte Verteilung von Flüchtlingen auf alle EU-Staaten vor. Bei den Tunesiern handelt es sich aber in der Regel nicht um "Vertriebene", sondern um Arbeitsmigranten. Zudem liegt auch kein Massenzustrom vor. Es geht nur um 20.000 Personen, die nicht nach Tunesien abgeschoben werden können, weil Italien und Tunesien Anfang April die Rückübernahme neu ankommender illegaler Einwanderer beschlossen haben. Die EU hat deshalb am 11. April beschlossen, die Massenzustrom-Richtlinie nicht anzuwenden.

Grundsätzlich kann Italien aus humanitären Gründen auch illegalen Einwanderern ohne Papiere und Bargeld die Einreise gestatten. Dies sieht der Schengener Grenzkodex vor (Artikel 5, Absatz 4c). Italien wird deshalb nur vorgeworfen, dass es gegen den "Geist von Schengen" verstoße, so der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU).

Mit einem Visum oder Aufenthaltstitel aus Italien können sich die Tunesier grundsätzlich drei Monate lang im gesamten EU-Gebiet frei bewegen. Allerdings steht die Freizügigkeit unter drei Bedingungen: Der Ausländer darf keine Gefahr darstellen, er muss gültige Papiere haben und er muss ausreichende Mittel für seine Reise nachweisen. Die Summen unterscheiden sich je nach Land. In Deutschland sind 45 Euro pro Tag die Regel. In Frankreich sind es 62 Euro pro Tag; wer eine Unterkunft hat, muss nur die Hälfte nachweisen.

Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, darf die Polizei bei stichprobenartigen Personenkontrollen überprüfen. Sie darf aber keine systematischen Grenzkontrollen einführen. Dies ist nach dem Schengen-Grenzkodex nur zulässig im Falle "einer schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit". Selbst wenn alle 20.000 Tunesier in EU-Staaten weiterreisen, wäre dies keine Bedrohungslage. Frankreich als Hauptziel ist schließlich ein großes Land.

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