Der auch noch das Alter besiegt

Weil die Kriege der Franzosen und Amerikaner in Vietnam längst Geschichte sind, halten viele auch den siegreichen General Vo Nguyen Giap längst für tot. Diesen Fehler beging letzte Woche auch Australiens Premierministerin Julia Guillard bei einer Rede vor Veteranen. Doch Giap ist, anders als sein 1969 verstorbener Weggefährte Ho Chi Minh, nicht tot. Vielmehr ist mit dem Militärchef der vietnamesischen Revolution am Donnerstag einer der erfolgreichsten Militärstrategen 100 Jahre alt geworden.

Zwar lebt Giap seit zwei Jahren in Hanois Militärkrankenhaus 108, doch der General, der nach der Wiedervereinigung 1975 Vietnams erster Verteidigungsminister wurde und bis 1982 im KP-Politbüro saß, soll geistig noch fit sein. Mehrmals die Woche lässt er sich über Politik briefen.

Nach Vietnams traditioneller Zählweise wurde Giap schon vor einem Jahr 100, was auch gefeiert wurde. Doch hindert dies die KP-Führung nicht, jetzt auch seinen nach dem Gregorianischen Kalender 100. Geburtstag zu begehen. In Hanoi wird er mit zwei Ausstellungen gefeiert. Auch gibt es eine aufwendige Bühnen- und Fernsehshow: „General Nguyen Giap und die Dien Bien Phu Symphony“. Es war die Schlacht von Dien Bien Phu 1954, die Giaps Ruf begründete. Die von den Franzosen für unmöglich gehaltene Eroberung der Dschungelfestung beendete Frankreichs Kolonialismus in Indochina und wurde zum Fanal für Befreiungsbewegungen in aller Welt. Dabei half Giap, der sich selbst nicht scheute, seine Soldaten zu verheizen, auch die Arroganz weißer Männer. Das wiederholte sich später im Krieg mit den USA.

Der Sohn eines Lehrers aus der Provinz Qang Binh hatte Politik, Wirtschaft und Jura studiert. Bald verhafteten ihn die Franzosen. Nach China geflohen, schloss sich Giap Ho Chi Minh an. 1945 wurde er Innenminister in Nordvietnam, ab 1946 führte er die dortige Volksarmee zu den historischen Siegen.

Nach 1975 wurde ihm sein legendärer Ruf wie sein Wunsch nach Versöhnung mit den USA zum Verhängnis, da KP-Hardliner ihn als nicht vertrauenswürdigen Rivalen ansahen. 1982 wurde Giap entmachtet und war bis 1991 als stellvertretender Premier nur noch für Familienplanung, Wissenschaft und Technologie zuständig.

Schon am Mittwoch wünschte ihm die Staats- und Parteiführung persönlich ein langes Leben. Bei manchen dürfte dies nicht von Herzen gekommen sein. Denn Giap entwickelte sich zum Kritiker. So prangerte er etwa Korruption an und lehnte noch als 98-Jähriger öffentlich ein von der Regierung befürwortetes chinesisches Projekt zum Bauxitabbau ab. SVEN HANSEN