Nepal ist nach 240 Jahren Republik

Das Übergangsparlament hat die Monarchie in dem asiatischen Staat abgeschafft. Der König verschanzt sich

BERLIN taz ■ Der Jahrzehnte währende Machtkampf zwischen dem Königshaus und der demokratischen Opposition ist entschieden: Am Mittwoch erklärte die erste verfassunggebende Versammlung des Landes in der Hauptstadt Kathmandu Nepal zur Republik. Der König ist damit entmachtet, die fast 240 Jahre alte Monarchie damit offiziell abgeschafft.

Tausende jubelnde Menschen empfingen die 575 Mitglieder der verfassunggebenden Versammlung bereits am frühen Nachmittag. Sie skandierten „Dieb Gyanendra“ (Verlass das Land!) und „Lang lebe die Republik!“. Es ist der vorläufige Höhepunkt des Friedensprozesses, der vor zwei Jahren begonnen hatte. Damals hatten die maoistischen Rebellen ihre Waffen abgegeben und sich einer Siebenparteienallianz angeschlossen.

Aus Angst vor Gewaltakten galt in Teilen der Stadt ein Versammlungsverbot. 1.500 Polizisten sicherten das Konferenzzentrum, in dem die verfassunggebende Versammlung tagt. Die Sorge war begründet: Unbekannte zündeten während der Feierlichkeiten am frühen Abend zwei kleine Sprengsätze, berichtete die Tageszeitung Kantipur auf ihrer Website. Eine Person wurde laut ersten Meldungen verletzt. Bereits am Dienstag hatten Unbekannte in der Stadt einen Sprengsatz gezündet. Zwei Menschen wurden verletzt.

Dennoch versammelten sich in der gesamten Hauptstadt tausende vom Menschen, um das Ende der Monarchie zu feiern. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften, als Unbekannte Steine warfen.

Dem entmachteten König Gyanendra wurde eine 15-tägige Frist gegeben, den Palast zu verlassen, erklärte ein Sprecher der Maoisten nach einem Treffen mit Vertretern des Nepali Congress. Der ehemalige König hat sich im Palast verschanzt.

Die Armee hat Einheiten auf dem Palastgelände postiert, um zu verhindern, dass Demonstranten den Palast stürmen. Kürzlich hatte Maoisten-Chef Prachanda erklärt, häufig hätten Monarchien mit der „Enthauptung des Königs“ geendet. Er legte König Gyanendra nahe, den Palast freiwillig zu verlassen, um diesem Schicksal zu entgehen.

Dennoch stehen der verfassunggebenden Versammlung, die zugleich als Übergangsparlament fungiert und die Übergangsregierung bestimmen wird, die schwierigsten Aufgaben erst noch bevor. Denn die großen Parteien des Landes gelten als extrem zerstritten. Die Eröffnung der verfassunggebenden Versammlung musste mehrmals verschoben werden. Die Anführer der sieben Parteien der bisherigen Übergangskoalition konnten sich bei einem Treffen im Amtssitz des Premiers nicht über die Machtbefugnisse des zukünftigen Präsidenten und einige andere Streitfragen einigen.

Sorge bereiten nun fanatische Hindugruppen, die angekündigt haben, gegen die Abschaffung der Monarchie zu kämpfen. Sie werden von Hindufanatikern aus Indien unterstützt, denn Nepals König gilt gläubigen Hindus als Inkarnation des Gottes Wischnu. Auch blickt derzeit ganz Nepal auf die Armee. Diese hatte zwar angekündigt, sich aus der Politik herauszuhalten, dennoch hat Gyanendra unter den Generälen viele Unterstützer.

Es steht zu befürchten, dass Indien diese Kräfte unterstützt, da Delhi den Wahlsieg der Maoisten vor wenigen Wochen sehr missbilligte. Denn in Indiens gesamtem Ostteil kontrollieren maoistische Rebellen ganze Regionen. SASCHA ZASTIRAL