Keine Entschädigung für deutsche Vertriebene

Die „Preußische Treuhand“ scheitert mit Klage gegen Polen vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof

WARSCHAU taz ■ Polen muss die deutschen Vertriebenen von 1945/46 nicht entschädigen. Das verkündete gestern der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg. Die Richter wiesen die Klagen der Vertriebenenorganisation „Preußische Treuhand“ gegen Polen als „unzulässig“ zurück. Das Gleiche gelte auch für den Vorwurf einiger Kläger, Polen habe mit den Vertreibungen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs gegen das Grundrecht auf Schutz des Lebens und das Folterverbot verstoßen.

Der polnische Staat könne für die Vertreibungen 1945 nicht haftbar gemacht werden, da er damals weder eine juristische noch faktische Kontrolle über die noch deutschen Gebiete ausübte. Menschenrechtsverletzungen im Jahr 1945 könnten daher nicht dem heutigen polnischen Staat angelastet werden. Die Klage sei damit unzulässig. Dies gelte auch für die Klagen auf Rückgabe des Eigentums, das die deutschen Flüchtlinge und Vertriebene 1945 verloren hatten. Zum damaligen Zeitpunkt gab es die Europäische Menschenrechtskonvention noch nicht. Sie wurde 1950 verabschiedet und trat 1953 in Kraft. Polen trat ihr 1991 bei und ratifizierte sie 1993.

Der Gerichtshof wies darauf hin, dass das Eigentumsrecht der Vertriebenen auch dadurch nicht verletzt werde, dass der polnische Staat bis heute keine Rehabilitierungs- oder Entschädigungsregelungen für deutsche Vertriebene geschaffen habe. Denn die Menschenrechtskonvention verpflichte keinen Staat dazu, Eigentum zurückzugeben, das ihm vor der Ratifizierung der Konvention übertragen wurde.

Die Preußische Treuhand hatte 2006 in Straßburg 22 Klagen von Deutschen eingereicht, die bei ihrer Vertreibung aus Polen am Ende des Zweiten Weltkriegs Eigentum verloren hatten. Sie verlangten dessen Rückgabe oder Entschädigungen. In Polen war das Vorgehen der Organisation auf Kritik gestoßen. GL