nebensachen aus bogotá
: Bei Comics hört für Kolumbiens Kaffeefunktionäre der Spaß auf

Kolumbiens Reputation steht auf dem Spiel. Deshalb will der nationale Kaffeefarmerverband den Karikaturisten Mike Peters auf 20 Millionen Dollar Schadenersatz verklagen. Das hat Verbandschef Gabriel Silva nach Rücksprache mit Außenminister Jaime Bermúdez angekündigt.

Stein des Anstoßes ist eine Dreibilderfolge des beliebten Comics „Mother Goose & Grimm“, der Anfang des Jahres in rund 800 US-amerikanischen Tageszeitungen erschien. Als sich Mutter Gans auf eine Tasse kolumbianischen Kaffees freut, erwähnt die Figur Ralph das organisierte Verbrechen in dem Andenland und fügt hinzu: „Wenn es heißt, in jeder Kaffeedose ist ein Stückchen Juan Valdez, dann ist das vielleicht keine Übertreibung.“ Abschließend ist Mutter Gans mit einer Tasse Tee zu sehen.

„Solche Scherze sind ein Anschlag auf die nationale Würde und den guten Ruf des kolumbianischen Kaffees“, echauffierte sich Silva. „Es ist ein grausamer Scherz über das Land, das so unter Drogenhandel und Gewalt gelitten hat.“ Der Jux speise sich aus dem „Appetit auf Drogen in den USA und den entwickelten Ländern“. Mit der Klage wolle man vor allem das Image der 500.000 Bauernfamilien bessern, die durch das Markenzeichen Juan Valdez vertreten würden. Auch 1.600 Kaffeeröster in den USA, Japan und Europa seien betroffen.

Die Kunstfigur Valdez, ein schnurrbärtiger Kaffeebauer, steht seit 1959 für Exportkaffee. Seit 1981 ziert er mit Bergen im Hintergrund ein dreieckiges Logo. Seit ein paar Jahren konkurrieren die Juan-Valdez-Edelcafés in Kolumbien und in den USA sogar mit der Starbucks-Kette. In Brasilien staunt man über das gekonnte Kaffeemarketing der Kolumbianer. Die Klage gegen Peters ist da ein Fauxpas, selbst wenn man den Ärger der Kaffeemanager nachvollziehbar findet.

Für Kolumbianer und Kolumbienkenner weckt der Satz mit dem „Stückchen Juan Valdez“ Assoziationen von den Kettensägenmassakern der eng mit Großgrundbesitzern und rechten Politikern liierten Paramilitärs. Deren rabiates Vorgehen gegen vermutete oder tatsächliche Guerillasympathisanten ist auch in den Kaffeeregionen Zentralkolumbiens traurige Wirklichkeit.

Gespalten war das Echo auf die Klage in Kolumbien. Radiohörer und Leserbriefschreiber stimmten in die patriotische Aufwallung ein, andere sehen das entspannter. „Reine Zeitverschwendung“, findet das Peters’ Kollege Matador: „Niemand wird wegen eines Comicstrips darauf verzichten, eine Tasse köstlichen kolumbianischen Kaffees zu sich zu nehmen. Die Verbandsfunktionäre hätten sich an der Gelassenheit ihrer Kollegen von Coca-Cola oder Chiquita ein Vorbild nehmen sollen, meint Matador. Die hätten ihn wegen seiner Karikaturen, in denen er auf die Verbindungen zwischen den Multis und den rechten Killertruppen anspielte, auch nicht behelligt.

„Nichts ist lächerlicher als ein Kolumbianer, der auf dem Esel seiner eigenen Lügen reitet“, spottete der Schriftsteller Óscar Collazos. Mike Peters fiel aus allen Wolken. Denn der inkriminierte Comic war Teil einer wöchentlichen Serie. Ausgangspunkt war das Testament von Fredric Baur, dem Erfinder der Dose für Pringles-Kartoffelchips. Der ließ 2008 seine Asche in einer selbigen bestatten. „Ich wollte bloß einen Spaß mit Produktfiguren machen“, versicherte Peters, entschuldigte sich bei allen Kolumbianern und erklärte: „Ich liebe kolumbianischen Kaffee – er lässt viele Karikaturisten weitermachen.“ GERHARD DILGER