nebensachen aus österreich
: Kärnten, wie es singt und lacht: Haiders Nachfolger strengt sich an

Der Villacher Fasching ist für Österreich etwa wie „Mainz, wie es singt und lacht“ und Kölner Fastnacht gemeinsam. Die Faschingssitzung in Kärntens zweitgrößter Stadt Villach ist ein Pflichttermin, dem sich Lokalpolitiker gar nicht und Bundeskanzler höchstens durch Krankheit oder Auslandsaufenthalt entziehen können. Sie sitzen dann in der ersten Reihe und jeder kann beobachten, ob sie sich gebührend zerkugeln, wenn sie selbst mit holprigen Reimen aufs Korn genommen werden.

Unter Landeshauptmann Jörg Haider war in Kärnten das ganze Jahr Fasching. Wer es nicht witzig fand, wenn er Ortstafeln versetzte, um ein verfassungsrichterliches Gebot zum Aufstellen zweisprachiger Schilder zu umgehen, der war unten durch. Sein Nachfolger Gerhard Dörfler gibt sich große Mühe, der Tradition des Humorfaktors in der Politik gerecht zu werden, reicht aber an sein großes Vorbild nicht heran, was das Spielerische betrifft. Bei einer Pressekonferenz für die ORF-Volksmusikschau „Wenn die Musi spielt“ hatte er kürzlich den kubanisch-deutschen Schnulzensänger Roberto Blanco zu begrüßen, worauf ihm vor laufender Kamera ein „Negerwitz“ einfiel. Als die Pointe statt mit schallendem Lachen mit betretenem Schweigen quittiert wurde, suchte Dörfler nach der Ursache: „Anscheinend habe ich den Witz schlecht erzählt, weil ihn niemand verstanden hat.“

Schon vor einigen Wochen hatte er einen Auftritt vor hochrangigen Polizisten, die Dörfler in einer Ansprache unvermittelt fragte, was denn der Unterschied zwischen der Bronzezeitmumie Ötzi und einem gescheiten Polizisten sei. Antwort: „Den Ötzi haben sie schon gefunden.“ Die Beamten blieben dem anschließenden Büfett demonstrativ fern. Während in den Oppositionsparteien Verwunderung bis Empörung über den Humor des Landeschefs gezeigt wurde, kann der Angesprochene die Aufregung nicht verstehen. Dörfler hatte immer im Schatten seines Idols Haider gestanden und war deshalb wenig aufgefallen. Nur sein Spruch vor zwei Jahren, dass für die zweisprachigen Ortsschilder im Gebiet der slowenischen Minderheit nicht der Verfassungsgerichtshof, sondern „das gesunde Volksempfinden“ zuständig sei, hat außerhalb des Bundeslands einigen Staub aufgewirbelt. Die Reaktionen in Kärnten scheinen ihm aber Recht zu geben. Medien, die zu ergründen versuchten, ob die Kärntnerinnen und Kärntner anders seien, als die restliche Bevölkerung, fanden bei Straßenbefragungen vorwiegend Zustimmung zu den unbedarften Einlagen ihres Landeshauptmanns. Bei den Landtagswahlen am 1. März dürfte er gute Chancen haben, in seinem Amt, das er vom verunfallten Jörg Haider geerbt hat, zu legitimieren.

Der Haider-Kult nimmt inzwischen immer skurrilere Formen an. Sonntag wurde am 59. Geburtstag des Verblichenen die Lippitzbach-Brücke bei Bleiburg in Jörg-Haider-Brücke umbenannt. Eine für verdiente Politiker durchaus übliche Würdigung. Dass Haiders Partei, das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ), allerdings das Unfallwrack für 40.000 Euro ankaufte, wird selbst in Kärnten jenseits der Parteigetreuen mit Kopfschütteln quittiert. In Wahrheit dürfte das ein Akt der Vernuft sein, die Dörfler vor einer weiteren Peinlichkeit bewahrt. Der wollte die zerquetschten Überreste des VW Phaeton versteigern und dann zu einem Kunstwerk umgestalten lassen. RALF LEONHARD