Britische Afghanistan-Politik: Neue Taktik am Hindukusch

Premier Brown und Nato-Generalsekretär Rasmussen sind für den Abzug erster ausländischer Truppen aus Afghanistan ab 2010, wollen die Truppen insgesamt aber aufstocken.

Sollen insgesamt mehr werden: britische Soldaten in Afghanistan. Bild: dpa

DUBLIN tazDer britische Premierminister Gordon Brown erwägt einen schrittweisen Truppenrückzug aus Afghanistan, der bereits 2010 beginnen soll. In seiner außenpolitischen Grundsatzrede beim traditionellen Bankett des Londoner Bürgermeisters bot sich Brown am Montagabend als Gastgeber einer Afghanistan-Konferenz im Januar in London an. Neben UN- und Nato-Vertretern soll auch der afghanische Präsident Hamid Karsai teilnehmen. Die Konferenz soll "einen umfassenden politischen Rahmenplan erarbeiten, innerhalb dessen die Militärstrategie umgesetzt werden" könne, sagte Brown.

So soll ein Zeitplan für die Übergabe der Sicherheitsaufgaben an afghanische Kräfte erstellt werden. In ruhigeren Provinzen könne das schon 2010 geschehen, bei anderen Provinzen werde das noch Jahre dauern. "Seit Januar 2008 sind sieben der zwölf Al-Qaida-Führungsleute getötet worden", sagte Brown. "Dadurch ist die Moral des Terrornetzwerks gesunken. Unsere Geheimdienste sagen mir, dass die Gelegenheit jetzt günstig sei, al-Qaida bedeutenden und dauerhaften Schaden zuzufügen."

Brown verteidigte den Afghanistan-Einsatz. Al-Qaida rekrutiere weiter in Afrika, im Nahen Osten und Europa: "Wir sind in Afghanistan, weil al-Qaida und andere Terrorgruppen wieder ein Operationsgebiet hätten, wenn die Taliban zurück an die Macht kämen." In Großbritannien ist die Unterstützung für den Krieg drastisch gesunken. Seit Beginn 2001 starben 234 britische Soldaten, allein 2009 waren es fast 100. Laut einer Umfrage des Independent on Sunday sind 71 Prozent der Befragten für einen Rückzug aller 9.000 britischen Soldaten aus Afghanistan binnen einem Jahr. Die Armee verlangt dagegen die sofortige Entsendung 500 weiterer Soldaten, wie Brown sie versprochen habe. "Das hat nichts mit Politik zu tun", sagte ein Verteidigungsexperte dem Guardian. "Wir brauchen die Soldaten jetzt."

Offenbar arbeitet Brown gemeinsam mit US-Präsident Barack Obama, der sich in den nächsten Tagen zu Afghanistan äußern will, an einer Rückzugsstrategie ähnlich wie im Irak. Dort kümmern sich die ausländischen Soldaten verstärkt um die Ausbildung und überlassen das Kämpfen den einheimischen Truppen. In Afghanistan muss dafür die Korruption der Karsai-Regierung beendet werden, um den Einfluss der Taliban zu beschneiden und die Akzeptanz der afghanischen Sicherheitskräfte zu erhöhen. Washington und London wünschen sich, dass Karsai bei der Ernennung seiner Minister am Donnerstag mit der Vergangenheit bricht.

Auch Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte am Dienstag auf einer Nato-Tagung im schottischen Edingburgh, dass die Nato 2010 erstmals einzelne Gebiete ganz der Obhut afghanischer Sicherheitskräfte überlassen wolle. Die Nato-geführte Schutztruppe Isaf werde immer mehr eine unterstützende Rolle übernehmen, so Ramussen. Allerdings wolle die Nato auch ihre Truppen aufstocken, wie dies der amerikanische Isaf-Kommandeur Stanley McChrystel fordert.

Der britische Außenminister David Miliband sagte bei der Tagung, für eine politische Lösung sollten Kommandeure der Taliban in die afghanische Regierung integriert werden. Dafür müssten sie der Gewalt abschwören. Schon jetzt gebe es viele Taliban, die überzeugt werden könnten, ihre Waffen niederzulegen.

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