Wenn der Berg sich regt, sind die Ahnen böse

HUNGER In Simbabwe bahnt sich eine neue Hungersnot an: Die Regenzeit bleibt aus. Manche sind sicher: Das kann nur daran liegen, dass Christen die traditionelle alkoholische Geisterbeschwörung sabotieren

Simbabwes Präsident Robert Mugabe hat gestern auf dem Welternährungsgipfel der UNO in Rom seine umstrittene Landreform verteidigt. Die Reform, bei der Tausende weiße Landbesitzer enteignet und Hunderttausende schwarze Landarbeiter vertrieben wurden, habe „Gleichheit und Gerechtigkeit“ schaffen sollen, sagte Mugabe. Kritiker sehen darin einen der Gründe für die Hungersnot der vergangenen Jahre. Mugabe machte dagegen „feindselige Interventionen neokolonialistischer Feinde“ verantwortlich. Gegen Mugabe und seine engsten Mitarbeiter gelten im Ausland Einreiseverbote. Für UN-Gipfel gelten sie aber nicht.

AUS RUSAPE GODFREY KARORO

Als der alte Mann auf dem Berghang Feuerholz schlug, löste sich über ihm ein Felsen und fiel ihm auf den Kopf. Der Alte war sofort tot. Die anderen Bauern im Stammesgebiet von Chief Chiduku in der ländlichen simbabwischen Gemeinde Rusape waren schockiert: Tausende von Jahren hat dieser Felsen Stürme und Trockenheiten überdauert, und jetzt fordert er plötzlich ein unschuldiges Menschenleben. Die Leute haben Angst: die ganze Gegend ist voller Felsen mit prekär aufeinander gestützten großen Steinen; wenn einer ins Rutschen gerät, bewegt sich der ganze Berg.

„Wir müssen etwas tun; dies ist ein böses Omen“, sagte Dorfhäuptling Mutambirwa bei der Trauerfeier, und die Ältesten nickten ernst. Die Geister der Ahnen müssen unzufrieden sein, waren sie sich schnell einig. Man muss etwas für sie tun. Aber was?

Der globale Klimawandel verschont Simbabwe nicht. Was früher nur kurze Trockenzeiten waren, sind heute ausgedehnte Dürren. Die Vegetation schrumpft, und sie erholt sich viel langsamer als früher, wenn die Bauern auf der Suche nach Feuerholz oder Baumaterial Bäume fällen. Früher waren die Berge um Rusape dicht bewaldet. Heute sind sie kahl. Die Dörfler laufen jetzt zweimal die Woche 20 Kilometer, um Holz zu finden. Wer dafür zu schwach ist, fällt Mangobäume, und es gibt noch weniger zu essen als früher.

2007–08 war die Regenzeit in Simbabwe ausgefallen, es gab eine katastrophale Missernte und nur UN-Lebensmittelhilfen retteten Millionen Menschen vor einer Hungersnot. In der Saison 2008–09 gab es mehr Regen, und die Maisernte war wieder besser. Aber dieses Jahr sieht es wieder schlimm aus: Die meisten Brunnen sind jetzt schon trocken, und die nächste Regenzeit lässt auf sich warten. Viele Felder sind unbestellt geblieben, auch weil es wenig Saatgut gibt.

Vor zehn Jahren erntete Häuptling Mutambirwa über drei Tonnen Mais auf seinen Feldern. In den letzten drei Jahren kommt er über jährlich 500 Kilo nicht mehr hinaus. Er weiß nicht, woran es liegt und was er dagegen tun kann. „Jedes Jahr brauen wir vor der Regenzeit traditionelles Bier für die Geister unserer Ahnen, damit es regnet“, sagt ein alter Mann. „Aber jedes Jahr regnet es weniger. Früher war die Aussaat Ende Oktober oder Anfang November, jetzt müssen die Leute bis Januar warten. Das ist nicht mehr normal.“

Die Bauern wissen nicht, dass Klimawandel ein globales Problem ist und dass vor allem für das südliche Afrika die Prognosen düster sind. Sie führen Missernten, Dürren oder Hitzewellen auf böse Geister zurück. Die einen wollen die Geister mit Bier besänftigen, die anderen, meist fundamentalistische Christen, wollen lieber Gott direkt anrufen und finden Bier dafür keine gute Idee.

„Die Christen sollten wenigstens alkoholfreie Getränke mitbringen“

Das führt zu massivem Streit in einzelnen Dörfern. „Die Christen sollten wenigstens alkoholfreie Getränke mitbringen, auch wenn sie nicht an den Geisterbeschwörungszeremonien teilnehmen wollen“, klagt der Häuptling. „Unsere Vorfahren haben das auch immer so gemacht, und in ihrer Zeit gab es keine so schweren Dürren. Wir halten uns an die Tradition, die bisher funktioniert hat. Wir wollen schließlich nicht für Lebensmittelhilfen aus dem Ausland Schlange stehen, als seien wir faul.“

Weil die Berge kahl sind, gibt es Sandstürme und Erosion. Die karge Erde bläst weg, und allmählich lösen sich die Felsen voneinander. Wenn es dann einmal regnet, gräbt das Wasser tiefe Furchen, auf denen es die Krume davonschwemmt.

Für neue Bäume, finden die Bauern allerdings, ist kein Platz. Niemand erklärt Bauern in Simbabwe, wie man die Umwelt schützt. Nichtregierungsorganisationen und internationale Hilfen konzentrieren sich in Simbabwe auf Menschenrechte und Aids. Die Regierung hat versucht, Kleinbauern aus unproduktiven Gegenden auf enteignete weiße Farmen umzusiedeln, aber die meisten weigern sich, ihr angestammtes Land zu verlassen.