Frostige Atmosphäre in Peking

CHINA/USA In der proklamierten Vernunftehe zwischen den beiden Großmächten stimmt die Chemie zwischen den Präsidenten Barack Obama und Hu Jintao überhaupt nicht

Die chinesischen Medien hängen den Besuch Obamas niedrig

AUS PEKING JUTTA LIETSCH

Als US-Präsident Barack Obama und sein Gastgeber Hu Jintao am Dienstagmittag in Peking vor die Presse treten, scheint sich das Klima im Saal mit um einige Grad abzusenken: Starr und ernst stehen die beiden mächtigen Männer hinter ihrem Pult. Zweimal haben sie sich seit Montag getroffen und stundenlang besprochen, wie beide Länder künftig kooperieren können.

Es ist Obamas erster Besuch in China, aber bereits sein siebtes Treffen mit Hu. Doch von Herzlichkeit ist nichts zu spüren, dafür von Anstrengung. Beide lesen unbewegt ihre Erklärungen vor. Selbst der Gast, der noch am Vortag in Schanghai locker die Fragen chinesischer Studenten beantwortete, wirkt ungewohnt steif. „Freimütig, konstruktiv und sehr fruchtbar“ seien die Gespräche gewesen, erklärt Chinas Staats- und Parteichef. China und die USA wollten enger zusammenarbeiten, um zum „Frieden und zur Stabilität der Menschheit“ beizutragen.

Hu nennt eine Liste von Problemen, die angepackt werden müssen – etwa die „noch nicht stabile“ Lage der Weltwirtschaft und des Finanzsystems, den internationalen Terrorismus und die nukleare Aufrüstung von Iran und Nordkorea. Doch die Hoffnung auf konkrete Abkommen etwa zur Klima- oder Währungspolitik werden enttäuscht. Obama und Hu bleiben bei allgemeinen Formulierungen, die sich in einer „Gemeinsamen Erklärung“ wiederfinden. Auf konkrete Schritte im Kampf gegen die globale Erwärmung können die Vertreter der beiden weltgrößten Umweltsünder sich nicht einigen – dabei bleibt bis zur Klimakonferenz in Kopenhagen kaum Zeit. Obama sagt zwar, das gemeinsame Ziel sei „nicht eine Stufenvereinbarung oder eine politische Erklärung, sondern ein Abkommen, das alle Bereiche in den Verhandlungen abdeckt und sofortig praktische Wirkung hat“. Wie es zustande kommen soll, verrät er nicht.

Immerhin vereinbaren beide die Gründung eines Forschungszentrums für saubere Energien, für das sie in den nächsten fünf Jahren 150 Millionen Dollar geben wollen. Und mehr Elektrofahrräder sollen auf die Straßen. Eine Zusage Pekings, den Yuan aufzuwerten, erhält Obama nicht. Ein solcher Schritt würde US-Waren in China billiger machen und, so die Hoffnung, Arbeitsplätze in den USA sichern. Vielmehr fordert Hu den Gast auf, den US-Markt weiter für Chinas Produkte zu öffnen. Er spielt auf Einfuhrbeschränkungen für Waren wie Autoreifen aus China an, was zuletzt in Peking viel Ärger erregte. Immer wieder zeigt sich, wie schwierig die von Hu und Obama beschworene Partnerschaft ist, obwohl beide wissen, wie wichtig ihre Länder füreinander sind. Das zeigt sich auch bei heiklen Themen wie Tibet und Taiwan: Obama erklärt, dass die USA die Existenz nur „eines Chinas“ anerkennen, während Hu darauf pocht, niemand dürfe sich in Chinas innere Angelegenheiten einmischen.

Noch einige gefühlte Grad kühler wird es beim diplomatischen Schlagabtausch, als Obama Gespräche mit dem Dalai Lama vorschlägt und von „allgemeingültigen“ Menschenrechten spricht. Obama weiß nun, wie schwer es künftig wird, mit Peking umzugehen. Dort ist er kein Superstar. Chinas Medien hängen seinen Besuch niedrig. Dissidenten soll er nicht treffen, mehrere Dutzend wurden vorsorglich festgenommen oder unter Arrest gestellt. Hu steht unter Druck, seinem eigenen Publikum Stärke zu beweisen in einer Zeit, in der immer mehr Chinesen dünnhäutig auf Kritik von außen reagieren. Hu fordert „Respekt“ und Umgang auf Augenhöhe. Wie weit Obama und Hu voneinander entfernt sind, zeigt ihre Pressekonferenz. Fragen sind nicht zugelassen.