Populistische Hatz auf Roma – Sarkozy schürt Vorurteile

FRANKREICH Ein Zwischenfall dient der Regierung als Rechtfertigung für eine Diffamierungskampagne

PARIS dpa/afp/taz | Es ist schon eine merkwürdige Politik, die Präsident Nicolas Sarkozy gegenüber der Minderheit der Roma in seinem Land eingeschlagen hat. Wegen einer Auseinandersetzung zwischen der Polizei und einer Gruppe einheimischer Roma – in Frankreich „fahrendes Volk“ genannt – hat Sarkozys Innenminister Brice Hortefeux angeordnet, die Siedlungen von „fahrendem Volk“ und Roma innerhalb von drei Monaten zu räumen. Als Roma werden in Frankreich Betroffene aus Bulgarien, Rumänien und dem ehemaligen Jugoslawien bezeichnet, die nach der Auflösung des Ostblocks und der EU-Erweiterung in der Mehrheit völlig legal im Lande leben. Angehörige dieser Gruppe will Hortefeux nach Gesetzesverstößen „umgehend“ in ihre Herkunftsländer abschieben. Dies ist nach EU-Recht zulässig. Zudem sollen Steuerfahnder die Bewohner der Siedlungen unter die Lupe nehmen, da viele Franzosen „mit Recht verwundert“ seien über die Größe mancher Autos der Roma, wie Hortefeux wissen ließ. Diese Ankündigung klingt besonders pikant angesichts der Bettencourt-Affäre, in der sich hohe Regierungsmitglieder des Vorwurfs der illegalen Parteienfinanzierung und Steuerhinterziehung erwehren müssen.

Sarkozys markige Ankündigung, den Krawallmachern „unter dem fahrenden Volk und den Roma“ den „Krieg“ zu erklären, wird von der Opposition und in der Presse als billiger Versuch interpretiert, mit dem Schüren von rassistischen Vorurteilen von eigenem Versagen abzulenken. Der Roma-Anwalt Henri Braun warnte vor gefährlichen Konsequenzen dieser Politik. In der französischen Gesellschaft gebe es einen starken Rassismus und eine enorme Diskriminierung. Auslöser der Regierungskampagne war die Verwüstung eines Polizeipostens in der Bretagne durch ortsansässige Roma vor knapp vierzehn Tagen. Zuvor hatte die Polizei einen jungen Roma erschossen. Der Mann hatte versucht, zwei Kontrollen der Polizei zu durchbrechen, weil er keinen Führerschein besaß und fürchtete, wegen eines Diebstahls belangt zu werden. GB