Arzt aus dem Kosovo über Vorwürfe: "Es gab keinen Handel mit Organen"

Shaip Muja, Arzt und Regierungsberater, weist Anschuldigungen des Schweizer Juristen Dick Marty zurück, die UCK habe im Kosovo-Krieg Gefangenen Organe entnommen und verkauft.

Im April 2001 übergeben albanische Milizionäre serbische Gefangene an die im Kosovo stationierten Nato-Truppen. Bild: ap

taz: Sie waren der Organisator der Lazarette der UCK während des Kosovokrieges 1998/99 und stehen jetzt im Zentrum des öffentlichen Interesses. Waren Sie am Organhandel der UCK, wie von Dick Marty behauptet, beteiligt?

Shaip Muja: Einen solchen Handel hat es nie gegeben. Nachdem Gerüchte darüber lanciert worden waren, haben verschiedene internationale Organisationen Informationen gesammelt, so die Ermittler des Kriegsverbrechertribunals in Den Haag schon 2004, die UN-Mission, auch die Experten der EU-Rechtsstaatsmission Eulex, Nachrichtendienste wie das FBI hatten sich eingeschaltet. Alle Untersuchungen verliefen ergebnislos. Gleichwohl ist der Bericht von Dick Marty für mich persönlich äußerst rufschädigend und für uns Kosovoalbaner insgesamt fatal. Ich habe eine Klage gegen Dick Marty eingereicht. Wir sollten die Anschuldigungen vor Gericht klären. Ich bin sicher, diesen Prozess zu gewinnen.

Sie sind Chirurg. Wenn jemand mit solchen Dingen zu tun hatte, dann doch wohl Sie?

Sie müssen sich die Lage damals vorstellen. Die serbischen Truppen haben nach dem Mord an der Jashari-Familie ab März 1998 weitere abscheuliche Verbrechen zu verantworten. Es kamen immer mehr Verwundete von Kosovo nach Albanien, über 85 Prozent waren Zivilisten. Wir Kosovoalbaner mußten reagieren und versuchten mit unseren geringen Mitteln Feldhospitäler in Albanien aufzubauen. Wir versuchten, durch internationale Kontakte Schwerstverletzte in andere Länder zu überführen.

Also hatten Sie doch Gelegenheit gebabt, so was zu tun?

Fachleute werden bestätigen können, welche weitreichenden Voraussetzungen dazu nötig sind, Organe zu entnehmen und zu transportieren. Das war technisch und professionell für uns gar nicht möglich. Wer die damaligen Straßen in Albanien kennt, der weiß, dass es keine Transportmöglicheiten gab. Und die Nato kontrollierte den Luftraum, in Nordalbanien waren damals Nato-Truppen stationiert, Hunderte von Journalisten und Tausende von Mitarbeitern internationaler Hilfsorganisationen waren unterwegs und natürlich diverse Geheimdienste.

ist Abgeordneter der Demokratischen Partei und Berater von Premier Thaci. Im Kosovokrieg organisierte der Arzt Feldlazarette für die Befreiungsarmee UÇK in Albanien.

Auch die können an der Nase herumgeführt werden ...

Alles, was wir unternahmen, war transparent. Norwegische Nichtregierungsorganisationen unterstützten uns, so der norwegische Arzt Erik Fosse. 1999 kamen andere Hilfsorganisationen dazu, die Emirate halfen, ich habe eng mit dem italienischen humanitären Helfer Andrea Catelano zusammengearbeitet.

Aber Dick Marty bleibt bei seinen Behauptungen.

Dick Marty hat bisher keine Beweise vorgelegt. Ich hoffe, man wird mir gegenüber fair sein und mich wenigstens bei meinen juristischen Schritten unterstützen. Ich dementiere auch jegliche Verbindungen zur Organklinik Medicus, wie das die britische Zeitung Guardian behauptet. Ich bin bereit, zu allen diesen Punkten Rede und Antwort zu stehen, alle Unterlagen offen zu legen. Ich möchte alles tun, um die Vorwürfe zu entkräften. Mein 12-jähriger Sohn kam nach Veröffentlichung des Berichtes von Dick Marty nach Hause und fragte mich: "Papi, hast du Serben ermordet und ihre Organe verkauft?" Meine Persönlichkeitsrechte wurden mit Füßen getreten.

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