Wehrdienstreform in Österreich: SPÖ will die Wehrpflicht abschaffen

Die österreichischen Sozialdemokraten wollen eine Miliz für Katastropheneinsätze und eine Berufsarmee. Die Opposition und der Koalitionspartner ÖVP kritisieren die Pläne.

Hauptsache, die Tarnung sitzt: Frauen beim österreichischen Bundesheer. Bild: dpa

WIEN taz | Der Wehrdienst könnte auch in Österreich bald der Geschichte angehören. Geht es nach Verteidigungsminister Norbert Darabos, SPÖ, wird das derzeit geltende System der allgemeinen Wehrpflicht für junge Männer durch ein Mischsystem nach schwedischem Vorbild ersetzt. Einen entsprechenden Plan stellte er am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien vor.

Sieben Modelle präsentierte Darabos, darunter auch den Status quo und das reine Berufsheer, das entschieden zu teuer wäre. Das Herz des ehemaligen Zivildieners schlägt für eine Kombination von Berufsheer und Miliz. Damit soll sowohl der Katastropheneinsatz als auch die Entsendung von Kontingenten in internationale Krisengebiete gewährleistet werden.

9.500 Berufssoldaten (statt 13.000) sollen durch 5.500 freiwillige Zeitsoldaten (bisher 1.800) und 7.000 Zivilangestellte (bisher 9.000) ergänzt werden. Eine Miliz von 10.000 Mann soll vor allem für Katastropheneinsätze bereitstehen und mit einer jährlichen Prämie von 5.000 Euro bei der Stange gehalten werden.

Österreich hat derzeit 35.000 Mann und etwa 350 Frauen unter Waffen, Letztere als Berufssoldatinnen. Weitere 30.000 Mann können als Miliz jederzeit mobilisiert werden. Der Wehrdienst dauert sechs Monate. Militärexperte Erich Reiter hält in einem Ö1-Radiointerview diese Version für die dümmste Lösung, da man sechs Monate in die Ausbildung investiere und die jungen Männer dann nach Hause schicke. Eine Abschaffung der Wehrpflicht hält er daher für sinnvoll.

Die Ideen von Norbert Darabos stoßen aber nicht auf ungeteilte Zustimmung. FPÖ und Koalitionspartner ÖVP wollen an der Wehrpflicht festhalten. Die FPÖ prinzipiell, die ÖVP solange kein durchdachtes neues Modell vorliege. Peter Pilz, Wehrsprecher der Grünen, hält den Darabos-Plan für unsinnig. Den Katastrophenschutz solle man einer professionellen zivilen Organisation überlassen. Er sieht auch nicht ein, warum Kampfpanzer und schwere Artillerie nur abgespeckt und nicht völlig verschrottet werden sollen.

Das gesellschaftspolitisch am meisten angeführte Argument für die Wehrpflicht ist der damit einhergehende Zivildienst. Humanitäre Organisationen sind auf die billigen Arbeitskräfte angewiesen. Fiele die Wehrpflicht, würde die Arbeit mancher Hilfswerke teurer und bedürfte neuer Finanzierungsideen. Da die Wehrpflicht in der Verfassung verankert ist, wird die Frage wohl in einer Volksabstimmung entschieden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.