Erich Kästners „Fabian“

„Dieses Buch ist nichts für Konfirmanden, ganz gleich, wie alt sie sind.“ Diese Warnung wollte der Schriftsteller Erich Kästner (1899 bis 1974) ursprünglich seinem Roman „Fabian. Die Geschichte eines Moralisten“ voranstellen. Doch der Verlag – die Deutsche Verlagsanstalt – zog es vor, die Großstadtsatire ohne das Vorwort herauszubringen. Als das Buch Mitte Oktober 1931 erschien, löste es eine heftige Kontroverse aus: Die freizügigen Abenteuer des arbeitslosen Germanisten Jakob Fabian in der Großstadt Berlin wurden von Kästners Zeitgenossen allzu wörtlich genommen. Man warf dem Autor Schwarzmalerei, Unmoral und Pornografie vor.

Der Neuauflage des Buches im Jahr 1950 stellte Kästner nun doch ein erklärendes Vorwort voran. „Das vorliegende Buch, das großstädtische Zustände von damals schildert, ist kein Poesie- und Fotografiealbum, sondern eine Satire. Es beschreibt nicht, was war, sondern es übertreibt.“

Der „Fabian“, schreibt Kästner, sei kein unmoralisches, sondern im Gegenteil ein ausgesprochen moralisches Buch, das vor dem Abgrund warnen wollte, dem sich Deutschland und Europa damals näherten: In der Massenarbeitslosigkeit, der wirtschaftlichen und seelischen Depression und der Sucht, sich zu betäuben, erkannte Kästner richtig die „Sturmzeichen der nahenden Krise“. Mit seinem „Fabian“ wollte er die „Trägheit der Herzen“ bekämpfen. Doch die Botschaft des Buches fand damals trotz all ihrer Drastik kein Gehör. Heute könnte es sich lohnen, genauer hinzuhören. API