Schauspieler bescheren Senat Prügel

Die Standortsuche für die Ernst-Busch-Hochschule wird zur Farce: Ein Bieter klagt auf Schadenersatz gegen den Senat. Schule und Opposition üben heftige Kritik am Senat. Und die Schule sucht weiterhin nach einer neuen Bleibe

Die Suche nach einem neuen Standort für die Schauspielschule Ernst Busch entwickelt sich für den Senat immer mehr zum Fiasko. Nachdem das Land Ende April das Vergabeverfahren abgebrochen hatte, rollt nun eine millionenschwere Schadenersatzklage auf die Stadt zu.

Ein Urteil der Berliner Vergabekammer von Anfang August ist nun rechtskräftig. Der Senat hatte keinen Einspruch erhoben. Die Kammer hatte geurteilt, dass das Land kein „ordnungsgemäßes und transparentes Verfahren“ für den neuen Standort der Hochschule geführt habe. Damit seien die zuletzt im Rennen befindlichen Standortanbieter zu Schadenersatzforderungen berechtigt. „Wir haben die Forderung noch in dieser Woche fertig“, bestätigt der Projektentwickler Hans Weil gegenüber der taz. Weil wollte die Schauspielschule in die Pankower Garbáty-Höfe holen. Er spricht von Ansprüchen in Millionenhöhe für sein Projekt. „Schade, dass es so weit kommen musste.“

Der Senat hält sich zu den drohenden Klagen bedeckt. „Das wird letztlich in zivilgerichtlichen Verfahren zu klären sein“, so Kenneth Frisse, Sprecher von Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD). Da alle verbliebenen Angebote deutlich über dem veranschlagten Etat von 29,3 Millionen Euro lagen, hatte der Senat das Vergabeverfahren abgebrochen. Die teureren Kosten seien aber kein Wunder gewesen, beschwerten sich die Bieter. Schließlich habe der Senat immer neue Forderungen für den Neubau gestellt – ohne das Budget anzupassen.

In der Schauspielschule selbst sieht man das Gezerre um den neuen Standort mit Verzweiflung. „Bei vielen herrscht nur noch Resignation, inzwischen aber auch große Wut“, erklärt der Kanzler der Hochschule, Casper Graf von Rex. Bereits seit fünf Jahren sucht man einen neuen, gemeinsamen Campus. Bisher sind die Studenten an vier verschiedenen Standorten in der Stadt verteilt. Gerade das Hauptgebäude in Niederschöneweide ist dabei stark baufällig. „Wir haben hier zwei bis drei Havarien jede Woche“, verzweifelt von Rex. Dazu kämen asbestverseuchte Wände, fehlende Belüftungssysteme, muffelige Sanitärtrakte sowie blei- und eisenbelastetes Trinkwasser. „Bei uns tickt die Zeitbombe.“

Auch die Opposition schimpft heftig über den Senat. Die Gerichtsschlappe und das gescheiterte Vergabeverfahren seien ein „Desaster für das Renommee der Stadt“, kritisiert Lisa Paus, haushaltspolitische Sprecherin der Grünen. Die CDU sieht gar eine vorsätzliche Täuschung des Parlaments über den tatsächlichen Finanzbedarf des Hochschulumzugs. „Der Umgang des Senats mit der renommierten Hochschule ist dilettantisch und peinlich“, so CDU-Mann Nicolas Zimmer. Die Opposition verlangt eine Stellungnahme des Senats im Parlament.

Der Bildungssenator spekuliert derweil auf eine landeseigene Immobilie für den Umzug. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens oder ein gänzlich neues Aufrollen schließt sein Sprecher aus. Der Schauspielschule wurden stattdessen die Opernwerkstätten in Mitte in Aussicht gestellt. Ein Umzug dorthin wäre aber erst in fünf Jahren möglich, rechnet Hochschulkanzler von Rex vor. Bis 2010 bräuchte die Oper die Räume noch, danach wären Um- und Ausbauarbeiten nötig. Das dauert der Hochschule zu lange, so von Rex. „Und billiger als die zuletzt gemachten Angebote werden auch die Werkstätten nicht.“

Viel mehr als die Suche nach landeseigenen Grundstücken bleibt dem Senat nicht – die Investoren hat er erfolgreich verschreckt. Sollte es doch zu einer neuen Ausschreibung kommen, stünde sein Projekt nicht mehr zur Verfügung, erklärt Garbáty-Mann Hans Weil. „Ich habe keine Lust mehr, mit einem öffentlichen Auftraggeber zu verhandeln, der offensichtlich und vorsätzlich Vergaberecht bricht.“

KONRAD LITSCHKO