Immobilienmarkt: Die Finanzkrise erreicht Hellersdorf

In Hellersdorf ist die dringende Sanierung des Europaviertels vorerst geplatzt. Auch aus dem ambitionierten Europeum, dem größten Kunstwerk der Welt, wird wohl nichts. Denn der Großinvestor Level One mit 5.000 Wohnungen in Berlin ist pleite.

Das Europaviertel: Angemalte Plattenbauten. Bild: AP

Eigentlich sollte die Kunst zu den Hellersdorfern kommen, nun kam die Kapitalkrise. Denn die Immobiliengesellschaft Level One, die rund 1.200 Wohnungen in Hellersdorf gekauft hat, ist pleite. "Ich erwarte, dass in den nächsten Wochen das Insolvenzverfahren gegen Level One eröffnet wird", sagt der vorläufige Insolvenzverwalter Rolf Rattunde. Die lange geplante Sanierung und Aufwertung der Viertels zum "größten Kunstwerk der Welt" ist damit vorerst geplatzt.

Die Holding des österreichischen Investors Cevdet Caner mit Sitz im Steuerparadies Jersey hatte seit 2005 für knapp 2 Milliarden Euro ca. 28.000 Wohnungen in Berlin und Ostdeutschland gekauft - die Schweizer Credit Suisse stützte das Geschäft durch mehrere Millionenkredite. In Berlin besitzt die Gesellschaft rund 5.000 Wohnungen. Nach einem geplatzten Börsengang im letzten Jahr ist die Level One nun durch die Kreditklemme ins Schleudern geraten - sie erhielt auf dem Finanzmarkt nicht mehr das nötige Kapital für Investitionen. Level One ist laut Insolvenzverwalter Rattunde eine der größten Immobilienpleiten Deutschlands in den letzten Jahren.

"Wir sehen kaum eine Chance, unser Projekt weiterzuführen," sagt Andreas Wunderlich, Architekt des sogenannten Europaviertels. Von Politikern hoch gelobt, wollte der Investor den DDR-Plattenbaubestand nach neuesten Umweltmaßstäben sanieren. Französische Künstler sollten die Fassaden der sechs Häuserblocks mit europäischen Motiven zum "Europeum" schmücken, die Ladenzeile sollte aufgewertet werden - alles in allem 2.000 Arbeitsplätze. "Internationalität" sollte in das laut Wunderlich von Ghettoisierung bedrohte Viertel kommen.

Außer einer Musterfassade für 4 Millionen Euro ist davon noch nichts umgesetzt. Allein bei Wunderlich stehen für die bisherigen Arbeiten Honorare von Level One im sechstelligen Bereich aus - und der Architekt sieht sich am Ende einer langen Kette von Gläubigern. "Ich rechne nicht damit, dass wir einen Cent erhalten."

"Wir sitzen vor einem Scherbenhaufen", sagt auch der Immobilienverwalter René Bentzen. Er allerdings ist "sehr optimistisch", dass sich ein neuer Investor finden wird, um die nötigen Sanierungsmaßnahmen durchzuführen. Es müsse hier "schnell gehandelt werden", um die Wohnungen aufzuwerten. Er beziffert die Kosten für die Sanierung auf bis zu 20 Millionen Euro, hinzu kämen rund 7 Millionen für die äußere Gestaltung. Bei der derzeitigen Zurückhaltung von Käufern könnte höchstens die Insolvenzverwaltung die Maßnahmen kurzfristig veranlassen; einen neuen Eigentümer zu finden ist unwahrscheinlich.

Für die Mieter wird sich vorerst nichts ändern: Die Mietzahlungen laufen lediglich über den Insolvenzverwalter - und statt des versprochenen "internationalen Weihnachtsmarkts" gibt es die übliche Beleuchtung wie jedes Jahr.

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