antisemitismusforschung
: Leuchtturm im Dunkel

Hochschulen sind Orte der Lehre und Aufklärung. Bei der Aufklärung der eigenen Unigeschichte, insbesondere während der NS-Zeit, tun sich aber noch immer Fehlstellen im Lehrplan auf. Dass sich die Technische Universität nun ihren Wissenschaftlern, die zwischen 1933 und 1945 aus rassistischen und politischen Gründen von den Nazis aus den Hörsälen vertrieben wurden, widmet, ist ein wichtiger Schritt für Forschung und Erinnerungskultur der TU. Dass sie sich dieser Notwendigkeit 64 Jahre lang verweigert hat, hinterlässt allerdings einen bitteren Geschmack und bestätigt das Bild, dass das eigene Image vom Nazi-Unrecht reingehalten werden soll.

KOMMENTAR VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Dennoch wäre es verkehrt, der Technischen Universität nur ihre langjährige Resistenz gegen die Aufarbeitung der eigenen Nazizeit vorzuhalten. Wird doch das Forschungsprojekt „Vertriebene Wissenschaft“ am Zentrum für Antisemitismusforschung (ZfA) durchgeführt – dem einzigen Berliner Institut, das interdisziplinär die deutsch-jüdische Geschichte, den Holocaust und Rechtsextremismus wissenschaftlich im Blick hat.

Aber nicht nur in Berlin ist das ZfA ein Leuchtturm in einer sonst dunklen Forschungslandschaft, die sich wenig mit dem Holocaust und dem Antisemitismus befasst. Angesichts erschreckender Studien über das bei Schülern und Jugendlichen herrschende Unwissen über die Zeit des NS-Terrors ist es umso unverständlicher, dass es an Forschungseinrichtungen über jene Zeit an deutschen Universitäten mangelt. Wie viele Mittel, wie viele Lehrstühle dazu gibt es? Zwei, drei, höchstens eine Handvoll. Ein Skandal!

Stattdessen erleben wir eine Eventisierung der NS-Erinnerung. Ein Denkmal jagt das andere. Der Politik reicht das, ihr genügt die Inszenierung.