„Millionen finden kein politisches Gehör“

FRIEDENSFEST Ina Edelkraut, Initiatorin des Friedensfestivals am Brandenburger Tor am heutigen Samstag, will Menschen aufrütteln und Ehrenamtliche vernetzen. Mit Musik, Yoga und Diskussionen

Die 44-Jährige ist die Initiatorin des Friedensfestivals vor dem Brandenburger Tor, das am heutigen Samstag stattfindet. Sie hat bis 2002 als Immobilienkauffrau gearbeitet und anschließend Politikwissenschaft studiert. Derzeit schreibt Edelkraut außerdem an einem Buch.

taz: Frau Edelkraut, was soll ein Festival für den Frieden bringen?

Ina Edelkraut: Es soll Anstöße geben für eine Bewusstseinsänderung in unserer Gesellschaft. Wir dürfen kriegerische Auseinandersetzungen nicht so einfach hinnehmen wie bisher.

Wer steckt dahinter?

Die Initiatorin war ich.

Was hat Sie dazu gebracht?

Auslöser war eigentlich der Irakkrieg. Millionen von Menschen sind 2002 auf die Straße gegangen, um dagegen zu protestieren.

Sie tragen also diesen Gedanken seit dem Irakkrieg mit sich herum?

Ja. Zunächst war es nur ein Plan. Ausgehend von dem Gedanken, warum es in unserer Gesellschaft möglich ist, dass Millionen Menschen eine Überzeugung haben, die aber trotzdem in unserer Politik kein Gehör findet.

Und was hat dazu geführt, dass Sie tatsächlich mit der Organisation begonnen haben?

Ich glaube, das war dann der Abwurf der ersten Bombe auf Afghanistan.

Was soll sich durch das Festival ändern?

Es soll vor allem eine Initialzündung sein für die ganze Reihe an Nichtregierungsorganisationen, die teilnimmt. Wir haben in Deutschland 20 Millionen ehrenamtlich Arbeitende, die alle mit der gleichen Zielsetzung an ihr Tagwerk gehen: Sie arbeiten gemeinnützig, sozial, humanistisch, karitativ, aber sie haben keine gemeinsame Plattform. Mit dem Festival sollen sich die einzelnen Vereine und Initiativen besser vernetzen und ihre Kräfte bündeln.

Mit dabei sind zum Beispiel Stände von Umweltorganisationen.

Nachhaltiges Umweltdenken ist ein ganz großer Faktor in der Friedenspolitik. Alleine die Desertifikation, also die Ausbreitung der Wüsten, führt zu großen Migrationswanderungen. Dabei sind viele Katastrophen auch hausgemacht, wie die Austrocknung des Aralsees. So etwas bringt wieder neues Konfliktpotenzial, zum Beispiel um Wasser.

Das Programm beginnt mit Yoga for Peace. Ist das noch politisch?

Ja.

Wieso?

Unsere Leitfigur ist ganz bewusst Mahatma Gandhi, weil er es geschafft hat, die Wurzel des menschlichen Handelns als Erklärung zu nehmen dafür, warum manche Prozesse in der Gesellschaft stattfinden. Und sich gewaltfrei über die normalen Schemata hinwegzusetzen.

Was hat das mit Yoga zu tun?

Es hilft, aus dieser materiellen, rein kognitiven Ebene heraus in eine bewusstere Ebene einzutreten und das mit der Politik zu verbinden.

Auch sonst ist das Programm sehr heterogen. An welche Zielgruppe richtet sich die Veranstaltung?

Auf der einen Seite natürlich die, die sich sowieso dafür interessieren, weil sie ohnehin schon aktiv sind. Und dazu gehören ja auch viele, die nicht in Verbänden oder Ähnlichem repräsentiert sind. Auf der anderen Seite wollen wir die Leute erreichen, die sich nicht dafür interessieren. Die wollen wir mit Musik und diesem Festivalcharakter anziehen und sensibilisieren. Wir wollen zumindest einen Anstoß zum Nachdenken geben.

Sie haben ein konkretes Ziel formuliert: „Übergabe von 50 Anträgen zur sozial-ökologischen Ökonomie“. Was soll da an wen übergeben werden?

Eingeladen sind natürlich auch sämtliche Mitglieder des Bundestages. Ausgehend von den Millenniumszielen der Vereinten Nationen gibt es eine Petitionsliste, die deutlich macht, wo die Politik ansetzen muss, um wirklich der Gemeinschaft zu dienen. Diese Liste werden wir auf dem Fest veröffentlichen. Was genau drinsteht, verraten wir aber erst am Samstag. INTERVIEW: SVENJA BERGT