… DIE BOULEVARDPRESSE?
: Dünne Blättchen

Zeitungssterben? Von wegen: Berlin kriegt in den nächsten Wochen gleich noch zwei neue: Springer will mit einer BZ-light-Version endlich auch die Ostbezirke mit seinem arg in die Jahre gekommenen Boulevard beglücken. Die immer noch gefühlsmäßig im kalten Krieg verbliebene West-Boulevardnudel mag da völlig zu Recht niemand mit der Kneifzange anfassen. Mitte und Prenzlauer Berg bleiben aber verschont: Der Testballon namens BZ am Abend soll ab Montag erst mal nur Marzahn, Hellersdorf und Hohenschönhausen erfreuen.

Dort liest man, wenn überhaupt, natürlich den Berliner Kurier, denn den gab es schon zu DDR-Zeiten, allerdings unter anderem Namen. Zu Ostzeiten hieß der Kurier nämlich Berliner Zeitung am Abend beziehungsweise – wie auch dem hier abgebildeten Logo zu entnehmen ist – etwas kürzer BZ am Abend. Also genau wie das Blättchen, das Springer nun auf den Markt werfen will. Der Kölner Großverlag M. DuMont-Schauberg, dem seit 2009 Kurier nebst Berliner Zeitung gehören, sinnt natürlich auf Rache: Großverleger und Miteigentümer Konstantin Neven DuMont hat angekündigt, im Berliner Westen zurückzuschlagen. Weil dort vermutlich niemand den Kurier lesen will, bedient sich Neven DuMont titeltechnisch in Köln: Dort gibt der Verlag das bestens verklüngelte Boulvardblatt Express heraus, in Berlin soll das Ganze dann Express Berlin heißen.

„Wir können da nicht tatenlos zusehen“, sagt der alte Dialektiker Neven DuMont der Nachrichtenagentur dpa: Allerdings sei der Konkurrenzkampf in dieser Form „reine Geldverschwendung“. Denn Springer wie DuMont wollen ihre Blätter zu allem Überfluss auch noch zum Kampfpreis von 40 Cent unters Volk bringen – ein Drittel weniger, als Kurier und BZ normalerweise kosten.

Zeitverschwendung dürfte das Ganze auch sein: Denn dass jemand auf den Etikettenschwindel der Verpackungskünstler reinfällt – BZ bleibt BZ, und den Berlin Express macht der Kurier – ist, gelinde gesagt, unwahrscheinlich. Und was macht eigentlich Bild, die im Osten wie im Westen der Hauptstadt auch nicht recht vom Fleck kommt? Rutscht bei der anstehenden Auflagenmeldung hoffentlich endlich unter die 3-Millionen-Grenze. STG Foto: Archiv