Alle mit rechts, ich mit links

■  Der Wunsch: In der sonntaz berichten wir jede Woche über ein Thema, das ein Leser oder eine Leserin vorgeschlagen hat. Diesmal kam die Anregung von Norbert Schott, der mehr über die mögliche Einführung einer neuen Schrift wissen möchte – und über die Unterschiede existierender Schriften: „Als junger Vater finde ich das Thema interessant. Vielleicht sollte einmal an Beispielen aufgezeigt werden, woran die Unterschiede festzumachen sind“.

■  Der Weg: Senden Sie Ihren Wunsch an open@taz.de oder mit der Post an die tageszeitung, Annabelle Seubert, Rudi-Dutschke-Str. 23, 10969 Berlin

Früh habe ich bemerkt, dass ich irgendwie anders bin. Eben eine „Linkshändlerin“, wie ich schon im Kindergarten stolz verkündete. Ich handelte mit links. Es gab eine Extraschere für mich und die Kindergartentante hat sich beim Basteln Extrazeit genommen. Sehr angenehm, so weit.

In der Schule wurde es weniger lustig. Gemäß der Waldorfpädagogik der späten Achtziger sollte ich umerzogen werden. Also hielt ich bald eine Holzkugel in der linken und einen Pinsel in der rechten Hand. Ein DIN-A3-Blatt komplett mit Wasserfarbe gelb anzumalen, gelang mir genauso wenig, wie es der später angesetzten Heileurythmie gelang, mich umzupolen. Links blieb links und ich fand das gut. Mein Argument damals: Das Herz ist ja auch links.

Die nächste Stufe: der Füller. Während meine Mitschüler fleißig die Schreibschrift mit Tinte übten, hatte ich regelmäßig die Handkante voll Farbe und das Schriftbild verwischt. Schnelltrocknende Tinte, Spezialfüller – alles nonfunktionale Erfindungen der Industrie. Ich entwickelte meine eigene Lösung: Die Handhaltung von unten. Anders als andere Linkshänder, die kompliziert von oben schreiben, begann ich, von unten zu schreiben. Das gelingt mir bis heute am besten, wenn das Blatt quer zum Tisch liegt. Sieht komisch aus, funktioniert aber gut.

Als Erwachsene habe ich mal ein Linkshänderbuch über berühmte Linkshänder geschenkt bekommen. Das finde ich sonderbar, es ist doch keine Qualifikation, die mich auszeichnet. Einen Linkshänderladen habe ich auch schon gesehen, reingegangen bin ich nicht. Er kam mir vor wie ein Sanitätshaus für benachteiligte Menschen.