Drogen aus Polen: Medien fördern Drogentourismus

Seit die Modedroge "Spice" in Deutschland verboten ist, fahren ihre Anhänger gerne ins polnische Slubice zum Einkaufen. Den Tipp bekamen sie von sensationslüsternen deutschen Medien.

Das gerade in Deutschland erfolgte Verbot von chemischen Kräutermischungen wie "Spice" hat an der deutsch-polnischen Grenze eine Steilvorlage für engagierten grenzüberschreitenden Lokaljournalismus geschaffen. Nur drei Tage nach dem Eilverbot, das auch in Frankfurt (Oder) den Verkauf der synthetische Cannabinoide enthaltenden Tütchen unter Strafe stellte, meldete die Nachrichtenagentur DDP, die "Modedroge" sei noch immer legal im polnischen Slubice käuflich zu erhalten. Der Text erschien daraufhin unter dem Titel "Gefährliche Partydrogen aus Polen" in zwei Dutzend Zeitungen und Onlineportalen. Die in Frankfurt (Oder) erscheinende Märkische Oderzeitung übernahm die Meldung, entschloss sich kurzerhand, das Thema zum Aufmacher der Woche zu machen und titelte: "Slubicer Laden verkauft Drogen."

Dank der Recherchen von DDP erfuhren die Leser diesseits der Oder, dass "das Slubicer Geschäft auf deutsche Kunden hofft". Der Name der Kette, die auf Polnisch "Anzünder" heißt, wurde gleich mitgeliefert. Zeitungen wie Berliner Morgenpost und der Berliner Kurier informierten ihre Leser über den neuen Vertriebskanal, nicht ohne den Verkäufer zu zitieren: "Alle angebotenen Mittel sind bei uns legal."

Nachdem das Geschäft in der polnischen Kleinstadt zuvor auf deutscher Seite noch kaum bekannt war, steigt der Umsatz dank Mitteln wie "Exodus" und "Diabolo" nun rasant. Der Verkäufer lächelt auf Nachfrage: "Dank der Zeitungen wissen nun alle, wie wir heißen. Man sucht im Internet und findet dort den Weg zu uns. Und heute haben wir viel mehr deutsche Kunden als vor ein paar Tagen."

Zu den Interessierten gehört auch ein deutscher Radioreporter, der sich vor Ort undercover nach dem boomenden Geschäftsmodell erkundigt. "Wir verkaufen nur zu Sammlerzwecken, man darf die Mischung nicht verzehren", erklärt der junge Slubicer auf Deutsch und fügt auf Englisch hinzu "Im no dealer!"

Deshalb wird auch der Personalausweis überprüft und eine Quittung mit Mehrwertsteuer ausgestellt. "Falls der Zoll danach fragt", fügt der Verkäufer hinzu.

Doch die deutschen Behörden wissen dank der Recherchen von DDP über die Slubicer Bezugsquelle der Benzylpiperazin-haltigen Produkte bereits Bescheid. Der Besitz von "Exodus" ist demnach spätestens nach der Überquerung der Oder illegal.

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