Grüne in den Startlöchern

WAHLEN Bezirksreform und Zählgemeinschaft haben Althergebrachtes ins Wanken gebracht

Die beiden aussichtsreichsten Spitzenkandidaten haben ganz spezielle Verbindungen zu Tempelhof-Schöneberg

Die Bezirksreform im Jahr 2001 hat mit Tempelhof und Schöneberg zwei ganz unterschiedliche Bezirke zusammengebracht – zumindest was die Wählerklientel angeht. Auf der einen Seite Tempelhof als eine klassische Hochburg der CDU. In den 90er-Jahren holte die Partei hier absolute Mehrheiten: 53,5 Prozent 1995, fünf Jahre später sind es 58,1 Prozent, das stadtweit beste Ergebnis für die Konservativen.

Auf der anderen Seite Schöneberg. Zwar lag auch dort die CDU vorne – mit etwas über 30 Prozent war an absolute Mehrheiten allerdings nicht zu denken. Zudem holten die Grünen auf. Deutliches Indiz: Eine Zählgemeinschaft aus Grünen und SPD wählte nach der Wahl 1995 die Grüne Elisabeth Ziemer zur Bezirksbürgermeisterin – eine Premiere.

Die Zählgemeinschaften hatte der damalige schwarz-rote Senat eigentlich eingeführt, weil er befürchtete, dass die PDS bei den Wahlen 1995 in sämtlichen Ostbezirken stärkste Fraktion werden könnte und damit die Bezirksbürgermeister stellen würde. In einer Zählgemeinschaft können sich seitdem zwei oder mehrere kleinere Fraktionen zusammenschließen und den Bürgermeister vorschlagen – ein Vorgehen, das die Fraktionen in den Bezirken auch in den folgenden Jahren gerne nutzen.

Nach der Zusammenlegung von Tempelhof und Schöneberg blieb die CDU nur noch ganz knapp stärkste Fraktion – mit Verlusten im zweistelligen Bereich lag sie nur noch zwei Prozentpunkte vor der SPD. Damit schaffte es 2001 der Sozialdemokrat Ekkehard Band auf den Posten des Bezirksbürgermeisters, auch hier zunächst durch eine Zählgemeinschaft.

2006 wurde die SPD stärkte Fraktion. Doch dann lief während der Legislaturperiode fast die gesamte FDP-Fraktion zur CDU über. Und auch in den überregionalen Wahlen liegt die SPD nicht mehr vorne. Sowohl bei der Europawahl als auch bei der Bundestagswahl vor zwei Jahren lag die CDU an der Spitze – und die Grünen auf Platz zwei. Bei der Europawahl waren es nur zwei Prozentpunkte Unterschied. Damit könnte Sibyll Klotz, derzeit Stadträtin für Gesundheit und Soziales im Bezirk, in die Fußstapfen von Elisabeth Ziemer treten.

Übrigens haben die beiden aussichtsreichsten Spitzenkandidaten für die Abgeordnetenhauswahl ganz spezielle Verbindungen zu Tempelhof-Schönberg. So begann Klaus Wowereit (SPD) seine politische Karriere in Tempelhof, wo er in den 80er Jahren zu Berlins jüngstem Stadtrat wurde.

Renate Künast, die als Spitzenkandidatin für die Grünen antritt, hat bei Bundestagswahlen ihren Wahlkreis in dem Bezirk. Vor Ort ist davon jedoch wenig zu spüren: Ihr Wahlkreisbüro liegt in Mitte. SVE