Busse kommen 17 Sekunden früher

BVG muss auf Druck des Senats aus weniger mehr machen. 24 ausgesuchte Busse und Trams sollen, zu „Metrolinien“ aufgewertet, neue Kunden bringen. Dafür wird das Netz anderswo ausgedünnt

VON STEFAN ALBERTI

Der Finanzsenator hatte ziemlich klar gemacht, was er von dem Unternehmen erwartete, in dem er Aufsichtsratschef ist: Mehr verdienen sollten die defizitären landeseigenen Verkehrsbetriebe (BVG) und weniger ausgeben. Klar hatten sich aber auch Fahrgastverbände, Sozial- und Verkehrspolitiker geäußert: Beim Netz dürfe man nicht sparen, Arme und Alte müssten mobil bleiben können. Gesucht war das, für das es Formulierungen gibt wie Quadratur des Kreises oder Eier legende Wollmilchsau. Herausgekommen ist das Konzept „BVG 2005 plus“.

Glaubt man den Zahlen der BVG, geht das Konzept genau in diese Richtung, stimmt der Senat zu, wird es am 12. Dezember Wirklichkeit. Knapp 17 Millionen Euro möchte die BVG dann jährlich mehr in der Tasche haben. Nur für 5 Prozent der Berliner soll sich das Angebot verschlechtern, 37 Prozent sollen Vorteile haben. Der Fahrgastverband Igeb widerspricht diesen Zahlen nicht (siehe Interview).

Kernidee ist, über mehr und regelmäßigere Verbindungen auf Hauptverkehrsachsen Fahrgäste und damit Einnahmen hinzuzugewinnen. Das soll über so genannte „Metrolinien“ funktionieren, die täglich 20 Stunden lang mindestens alle 10 Minuten fahren. Davon sollen alle öffentlichen Verkehrsmittel profitieren, am stärksten die Tram: Für sie prognostiziert die BVG 10 Prozent mehr Fahrgäste.

Im Gegenzug sollen die übrigen Busse und Trams als „Ergängungsnetz“ fungieren und teilweise kürzer und in dünnerem Takt fahren, am Wochenende etwa wegen geringer Auslastung erst ab 7 Uhr unterwegs sein. Als Argument nennt die BVG, dass etwa sonntags zwischen 5 und 9 Uhr in den Bussen nur einer von dreißig Plätzen belegt ist. Welche Linien betroffen sind, mochte BVG-Marketingschef Tom Reinhold gestern noch nicht sagen.

Die kürzeren Betriebszeiten betreffen nach BVG-Zahlen nur jeden 1.000. Berliner, ein dünnerer Takt jeden 25. Die BVG sagt aber zu, mindestens einen 20-Minuten-Takt aufrechtzuerhalten. Von 2.700 Haltestellen soll rund jede 50. wegfallen.

Der Begriff „Metrolinie“ hat etwas von einem Marketinggag. Denn im Kern geht es darum, bestehende Linien – 9 von 26 Tram- und 15 von 159 Buslinien – durch dichteren Takt aufzuwerten. Der Streckenverlauf bleibt größtenteils gleich, die Nummerierung orientiert sich an der bisherigen. Der zukünftige Metrobus M 29 von der Sonnenallee bis zum Roseneck in Wilmersdorf beispielsweise fährt weder anders noch schneller als die jetzige Linie 129, aber öfter und regelmäßiger: alle 5 Minuten in der Hauptverkehrszeit statt alle 6[2]/3, zudem wie alle Metrobusse sieben Tage pro Woche von 4.30 Uhr bis 0.30 Uhr.

Der zukünftige Metrobus M 41 wiederum ist eine verlängerte Version der bisherigen Linie 241: Sie führt von der Sonnenallee über ihr bisheriges Ziel am Halleschen Tor hinaus über den Potsdamer Platz zur Philharmonie. Das ist laut BVG eine seit langem von Kunden gewünschte Verbindung. Unterm Strich bleiben von den derzeit 159 Buslinien 149, von 26 Tramlinien 20.

Die Metrolinien sollen sich den Fahrgästen so einprägen wie derzeit U- und S-Bahnlinien. Dazu gibt es zukünftig einen gemeinsamen Netzplan. Die BVG kopiert mit den Metrolinien das Beispiel anderer Städte. In Hamburg etwa zogen Metrolinien neue Kunden in Bus und Bahn und weg vom Pkw.

Das neue Konzept ist seit über zehn Jahren die erste grundlegende Reform. Doch einiges von dem, was die BVG gestern als Erfolg verkaufte, ist zweifelhaft. Vertriebschef Reinhold lobte, dass sich die Wartezeit beim Umsteigen um 2,8 Prozent verkürzt. Bei 10 Minuten Warterei wären das kaum 17 Sekunden.

Eine Veränderung gibt es auch bei der U-Bahn. Die U 1 fährt auf dem Weg der bisherigen U 15 zwischen Warschauer Straße und Uhlandstraße. Für die Verbindung Richtung Südwesten zur bisherigen U 1-Endstelle Krumme Lanke sorgt eine neue U 3 ab Nollendorfplatz.