Kacke soll Heizungen dampfen lassen

Kann man Strom und Wärme aus Hundefäkalien gewinnen? Die Stadtreinigung hält das für möglich und hat ein Institut der HU mit der Erforschung dieser erneuerbaren Energiequelle beauftragt. Die Idee kommt aus San Francisco

Dass in Hundekot außerordentliche Potenziale stecken, haben kürzlich Wissenschaftler in San Francisco bewiesen. Sie ließen im Duboce Park, dem größten Hundeauslaufgebiet der Westküstenstadt, Hundehaufen sammeln und erzeugten daraus Methangas – ein Energielieferant für Gasheizungen oder zur Stromerzeugung. Die Idee ließ die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) aufhorchen. Sie beauftragten Anfang Oktober das Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte der Humboldt-Universität damit, zu überprüfen, ob sich das amerikanische Projekt auf die deutsche Hauptstadt übertragen lässt.

„Das Projekt steckt noch in den Kinderschuhen, viel können wir dazu nicht sagen“, sagte Bernd Müller, Sprecher der Stadtreinigung, der taz. Dass die BSR Interesse an der Idee aus San Francisco bekundet, liegt an den ähnlichen Dimensionen des Haustierbestands in beiden Metropolen: Mit 150.000 Hunden besitzt Berlin sogar rund 30.000 Vierbeiner mehr als die kalifornische Stadt. Und auch bei den Kotbergen auf der Straße liegt Berlin vorn: Rund 20.000 Haufen-Tonnen sammeln sich hier im Jahr an. In San Francisco sind es „lediglich“ 6.000.

„Wir wollen erst einmal sehen, wie wirtschaftlich eine Übertragung des Projekts auf Berlin wäre“, so Müller. Genau das versucht das von der BSR beauftragte Wissenschaftsteam der HU momentan auszuloten. Einer der Forschungsschwerpunkte des Agrar- und Stadtökologischen Instituts ist die Erzeugung von Biogas aus unterschiedlichen Rohstoffen. Für ihren Spezialauftrag von der BSR wollen die Forscher nun Kontakte zu den Projektinitiatoren aus San Francisco aufnehmen. Bis Ende des Jahres sollen die Ergebnisse vorgelegt werden können.

„Die Untersuchungen sollen einen ersten Hinweis geben, ob so etwas in Berlin überhaupt möglich ist“, erklärt der Projektleiter und Geschäftsführer des HU-Instituts, Stefan Köhler. Sollte sich eine rentable Übertragbarkeit auf die Hauptstadt nachweisen lassen, wäre auch eine weiterführende Zusammenarbeit mit der BSR möglich.

In seinen momentanen Forschungen für die BSR geht das Stadtökologie-Institut aber noch weiter: „Wir wollen bestimmen, wie viel Biogaspotenzial tatsächlich in den Verdauungsrückständen steckt“, so Köhler. Dazu haben die Wissenschaftler „Mischproben“ von Berliner Hundehaufen genommen und gären lassen. Am Ende steht das energiegeladene Methangas, das zur Stromerzeugung genutzt werden kann. Daneben werden auch mögliche Risiken der Krankheitsübertragung von Köhler unter die Lupe genommen. Ziel sei es, Keime, die bei der Vergärung entstehen, auf kleinstmöglichem Niveau zu halten.

In San Francisco ist man derweil bereits zur Praxis übergegangen: Im Duboce-Park dürfen die Hundebesitzer nun mit biologisch abbaubaren Tüten den organischen Abfall ihres Hündchens in Sammelbehälter schaufeln. In einem Biokonverter werden die Haufen anschließend von Bazillen und Mikroorganismen zersetzt und in Methangas umgewandelt. In Zukunft, so träumt man, könnte damit möglicherweise die Straßenbeleuchtung von San Francisco betrieben werden.

Berliner Experten beurteilen das US-Projekt hingegen noch skeptisch. „Es ist keine Frage, dass das funktioniert. Aus Kuhdung wird schließlich schon länger Energie gewonnen“, sagt Michael Krockauer, Diplomgeologe und Gesellschafter des Berliner Projektbüros Stadt & Hund. „Was mich interessiert, ist: Wie sollen die Haufen in Berlin rentabel gesammelt werden?“

Konrad Litschko