„Wanka bringt frischen Wind rein“

Der Potsdamer Parteienforscher Jürgen Dittberner sieht den Wechsel an der brandenburgischen CDU-Spitze als nötig an, ist aber skeptisch. Johanna Wanka sei politisch zu unerfahren, um die zerstrittenen Lager zu versöhnen

JÜRGEN DITTBERNER, 68, lehrt Politikwissenschaften an der Uni Potsdam. Von 1986 bis 1992 war der FDP-Mann Staatssekretär in Berlin sowie in der Landesregierung Brandenburg.

taz: Herr Dittberner, Ulrich Junghanns hat den Parteivorsitz der brandenburgischen CDU aufgegeben. Ihm folgt Kultusministerin Johanna Wanka. Eine logische Folge aus der internen Krise und den verlorenen Kommunalwahlen?

Jürgen Dittberner: Es musste dringend ein Schnitt gemacht werden. Und personell gab es einfach keine Alternativen. Junghanns und Wanka gehören zudem zum bürgerlichen Flügel des CDU-Landesverbands in Brandenburg. Ihr Gegenspieler Sven Petke, der den jung-dynamischen Flügel repräsentiert, polarisiert hingegen zu sehr und ist deshalb auch nicht geeignet, die gespaltene Partei zu einen oder nach außen zu vertreten.

Ist Johanna Wanka die richtige Person für diese Aufgabe?

In den Grabenkämpfen der CDU geht es sehr zur Sache. Da braucht es eigentlich jemanden, der anpacken und zwischen den fast unversöhnlichen Lagern vermitteln kann. Wanka bringt zwar frischen Wind rein und ist mit keiner negativen DDR-Vergangenheit belastet, aber ob das reicht, ist fraglich. Denn sie ist parteipolitisch doch sehr unerfahren und vielleicht zu gutmütig. Trotzdem muss sie unbedingt versuchen, die Partei zumindest halbwegs zu einen.

Um eine Fortsetzung der großen Koalition mit der SPD nach den Landtagswahlen 2009 anzustreben?

Die CDU in Brandenburg muss sich klarmachen, dass sie definitiv nicht die stärkste Partei im Land ist und sein wird. Das haben die letzten Kommunalwahlen noch einmal gezeigt. Ihre Konkurrenten sind nicht die SPD und die Linke, es ist die FDP. Wanka muss jetzt gemeinsam mit ihrer Partei einen Neuanfang suchen, um weiterhin als Koalitionspartner attraktiv zu bleiben – auch wenn vermehrt über Rot-Rot im Land spekuliert wird.

Ist das für Wanka machbar?

Zumindest ist es eine sehr schwere Aufgabe. Für die CDU wird es unmöglich sein, zur Landtagswahl auf Platz eins oder zwei zu kommen. Aber das ist nicht nur die Folge ihrer jahrelangen Streitigkeiten, sondern das ist in Brandenburg auch strukturell bedingt. Nicht zu Unrecht wurde das Bundesland auch als kleine DDR bezeichnet. Und die typische Wählerklientel der Christsozialen sind die bürgerlichen Schichten. Genau die sind aber in Brandenburg nicht wirklich entwickelt.

Ist mit Johanna Wanka an der Spitze der Landes-CDU auch der entscheidende Richtungswechsel für die Partei zu erwarten?

Nein, das glaube ich nicht. Der Übergang von Ulrich Junghanns zu Johanna Wanka war ein reiner Personalwechsel, eine Oberflächendifferenzierung, aber noch lange kein Kurswechsel. Allerdings muss die designierte Vorsitzende zumindest parteiinterne Konsequenz zeigen, um die zerstrittenen Lager zu versöhnen.

Wenn sich inhaltlich nichts geändert hat, welche Botschaft will die CDU dann mit einem Wechsel an der Parteispitze ihren Wählern in Brandenburg vermitteln?

Dass sie eine moderne Partei ist, auf die Ergebnisse der desaströsen Kommunalwahl im September reagiert hat und auf der Höhe der Zeit ist. Und sie will beweisen, dass sie weiterhin in der Landespolitik mitbestimmen kann.

Mit welchem Thema will die Brandenburger CDU dann in den Wahlkampf zur Landtagswahl 2009 ziehen?

Sie wird ihren Schwerpunkt ganz klar auf die Bildungs- und Kulturpolitik legen. Das ist Wankas Steckenpferd als amtierende Kultus- und Wissenschaftsministerin.

INTERVIEW: CARL ZIEGNER