Marode Gebäude: "Als Schulleiter springt man im Karree"

Hartmut Blees ist einer der Schulleiter, die den Brandbrief unterschrieben haben. Seine täglichen Herausforderungen: marode Fenster und Flure, kein Geld für Renovierung und spezialisiertes Personal sowie eine Schule im Problemkiez

taz: Herr Blees, Sie sind Schulleiter an der Moses-Mendelssohn-Gemeinschaftsschule und Unterzeichner des Brandbriefs der Schulleiter aus Mitte. Was liegt an Ihrer Schule im Argen?

Hartmut Blees: Man muss vor allem fragen, was an allen Schulen im Bezirk im Argen liegt. Das sind drei Ebenen: Zum einen fehlen Gelder. Dann kommen die baulichen Probleme hinzu und der Mangel an Personal, vor allem an spezialisiertem Personal.

Woran liegt das?

Eine Ursache ist die Berechnungsgrundlage der Mittelzuweisung. Laut Finanzsenator liegt Berlin an der Spitze bei den Ausgaben für den einzelnen Schüler. Das lässt sich aber gar nicht vergleichen. Natürlich sind Klassen, die mit einer geringeren Frequenz fahren, besonders teuer. Die brauchen wir aber in Gegenden mit einem hohen Migrantenanteil. Wir brauchen kleine Räume, um Gruppen teilen zu können, für Beratungen, Einzelgespräche und so weiter. Und diese Räume brauchen wir permanent.

Manchmal ist das Geld aber da, und es wird nicht genutzt.

Ja, zum Beispiel standen Mittel von 1 Million Euro zur Verfügung vom Bund für die Gemeinschaftsschulen in Mitte. Bei uns sollten damit Kleingruppenräume eingerichtet werden. Außerdem sollte es eine EDV-Vernetzung geben. Die Mittel hätten bis zum Ende des vergangenen Jahres verbaut werden müssen. Das hat aber nicht geklappt.

Warum nicht?

Das Bauamt hätte dazu entsprechende Bauaufträge erteilen und überwachen müssen. Das haben sie nicht gemacht. Wie das Bauamt uns mitteilte, war kein Personal dafür da.

Und zusätzliches Personal einzustellen stand nicht zur Debatte?

Nein.

Was macht man dann als Schulleiter?

Man springt im Karree.

Was müsste über die Neuerungen, die eine Gemeinschaftsschule erfordert, hinaus gemacht werden?

Wir haben marode Fenster. Es gibt Räume, die seit 20 Jahren keinen Pinsel mehr gesehen haben. Vieles ist schlicht abgenutzt, zum Beispiel die Flure.

Wie kommt es, dass nichts gemacht wird?

Wenn beispielsweise ein Fenster verfault, dann machen wir eine Meldung ans Bauamt beziehungsweise an die Abteilung Bildung, dass das Fenster gemacht werden muss.

Und was passiert dann?

Nichts. Nach einiger Zeit machen wir eine neue Meldung. Das eine oder andere Fenster wird dann in Angriff genommen. Aber für die nächsten werden wir wieder vertröstet. Das ist das Problem: Es ist immer nur Flickschusterei. Vor allem werden die Sachen nicht früh genug gemacht. Wenn regelmäßig Farbe auf die Fenster gekommen wäre, würden sie nicht verfaulen.

Wie sieht es mit Elterninitiativen aus?

Ein Vater hatte angeboten, das Streichen mit anderen Eltern und Schülern zu machen. Wir brauchten aber rund 20.000 Euro für Farbe. Und die haben wir nicht bekommen. Einen kleinen Teil mal, ja, aber das hat längst nicht gereicht.

Wird mit den 50 Millionen Euro von Bildungssenator Jürgen Zöllner und den rund 400 Millionen für Bildung aus dem zweiten Konjunkturprogramm des Bundes alles besser?

Nach meiner Einschätzung ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Gesamtmängel können damit nicht behoben werden. Aber es geht ja nicht nur um bauliche Probleme. Zum Beispiel hat Mitte die höchste Zahl von Intensivtätern. Da könnte man an den Schulen viel an Vorsorge machen, aber wenn kein Personal für die Betreuung da ist …

Wie viel Geld würde Ihre Schule für bauliche Maßnahmen brauchen?

Was die Sanierungsmaßnahmen angeht, würde ich mit 250.000 bis 300.000 Euro recht weit kommen - ohne die Umbauten für die Gemeinschaftsschule.

INTERVIEW: SVENJA BERGT

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