OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Im Laufe seiner Existenz hat Peter Pan schon einiges erlebt: Im Jahr 1902 vom schottischen Schriftsteller J. M. Barrie als Roman- und Bühnenfigur erfunden, trat der junge Held bereits 1925 in einem Stummfilm auf, wo er von einem Mädchen verkörpert wurde. Dabei sollte man nicht vergessen, dass die literarische Vorlage ursprünglich keineswegs allein für Kinder gedacht war. Denn wie hätte man es den lieben Kleinen sonst wohl vermitteln können, dass Peter plötzlich Elfen auf dem Rückweg von einer Orgie entgegentaumeln? Die Fünfzigerjahre sahen Peter und seine Freunde dann als Zeichentrickfiguren eines familienfreundlichen Disneyklassikers, und in Steven Spielbergs „Hook“ (1991) wurde das ewige Kind Peter in Verkörperung von Robin Williams schließlich sogar erwachsen. Die Realverfilmung „Peter Pan“ (2003) des australischen Regisseurs P. J. Hogan setzt hingegen ganz auf eine klassisch kindgerechte Abenteuergeschichte, in der sich Peter nun einmal hartnäckig weigert, älter zu werden, Wendy die Ersatzmutter für die verlorenen Jungs abgibt und Pans fieser Widersacher Käpt’n Hook vom „tickenden“ Krokodil verfolgt wird. Dabei verbreitet der Film viel Retrocharme mit rosa Wattewölkchen und ist mit ordentlich Fantasie und Schwung in Szene gesetzt. (10.–12. 7. im Bali)

Der jüdische Schriftsteller Max Kohn (Otto Tausig) ist Mitte achtzig und einigermaßen desorganisiert, dafür aber ziemlich vital. Und seine deutlich jüngere Lebensgefährtin Reisel besitzt noch allen Grund zur Eifersucht, denn Max ist ein Ladies’ Man, der sie auf seinen Lese- und Vortragsreisen quer durch die USA gern betrügt, in realen sowie immer häufiger in durchaus nur eingebildeten Verhältnissen, die er überall zu unterhalten scheint. Regisseur Jan Schütte hat in „Bis später, Max!“ (2007) durch den Topos der Lesereise drei Kurzgeschichten des Literaturnobelpreisträgers Isaac B. Singer miteinander verbunden, die alle von Liebe, Sex und Einsamkeit im Alter handeln. Dabei vermengen sich Max’ reale Begegnungen und Erlebnisse mit seiner blühenden literarischen Fantasie. Personen, Ereignisse und Ängste aus seinem Leben tauchen in den Geschichten, die Max erzählt, ebenso wieder auf wie er selbst, der stets Hauptperson und passiver Beobachter zugleich ist. Einer, dem immer alles irgendwie zustößt und der gleichzeitig als Katalysator wirkt in diesen leise humorvollen Erzählungen um Sehnsüchte und Begehren, die dann doch eher zu wehmütigen Geschichten der Verhinderung werden. (12. 7. im Freiluftkino Museen Dahlem)

Ein absurder Personenkultfilm wie er im Buche steht: „Baumeister des Sozialismus“ (1953) glorifiziert Walter Ulbricht, den damaligen Ersten Sekretär des ZK der SED auf groteske Weise. Denn Walter ist praktisch für alles selbst verantwortlich und baut die DDR geradezu eigenhändig auf. Leider kam dem omnipotenten Walter damals der Aufstand vom 17. Juni 1953 in die Quere – die Jubelarie zu seinem 60. Geburtstag verschwand im Giftschrank und wurde erst in den Neunzigern wieder hervorgeholt. (9. 7. im Filmmuseum Potsdam) LARS PENNING